Finnisch Lappland: Sommer im Winterland
Von Marlene Penz
Wenn man an Lappland denkt, hat man als Erstes Bilder von verschneiten Winterlandschaften, Schlitten, die von Huskys gezogen werden und Santa Claus mit seinen Rentieren vor Augen. Aber auch in Lappland ist nicht immer Winter – obwohl die Skisaison im finnischen Teil von Ende Oktober bis Anfang Mai geht und man selbst im August in Rovaniemi, der Hauptstadt der nordfinnischen Landschaft, wo sich auch das Weihnachtsmanndorf befindet, seine Weihnachtspost abgeben kann. Wenn der Schnee sich schließlich verabschiedet, wird es schnell richtig Sommer. Die Tage werden länger, die Nächte kürzer, die Sonne will in den Mittsommernächten überhaupt nicht mehr untergehen. Auch danach, im August, gönnt sie sich nur kurze Pausen. An manchen Sommertagen klettern die Temperaturen sogar bis zur 30-Grad-Marke, können aber auch vereinzelt bei 0 Grad hängen bleiben.
Mit dem schmelzenden Schnee verlassen auch die Touristenscharen die Wintersportorte von Finnisch Lappland wieder. Mit dem Sommer kehrt Ruhe ein. Wer sich abseits vom Trubel erholen möchte und „Sommerfrische“ sucht, ist dann genau richtig.
Bei der Anreise in den wohl bekanntesten Ort, Levi, (ja, dort werden alljährlich im November die FIS-Weltcup-Slalomrennen ausgetragen) begegnet man auf den breiten Straßen, die von Bäumen gesäumt sind, niemanden, kilometerweit freie Fahrt. Reihen mit Postkästen am Straßenrand ziehen vorbei, nur selten Häuser. Die Bevölkerungsdichte liegt hier bei unter zwei Personen pro Quadratkilometer. Es gibt so gut wie keinen Gegenverkehr, plötzlich tut sich doch etwas, der Fahrer bremst abrupt: Rentiere passieren die Straße. Alle im Reisebus zücken die Kamera, es ist das Finnland-Klischee schlechthin, nur der Schnee fehlt – so wie es im August auch sein soll. Es wird schnell klar, dass es fast unmöglich ist, bei einer Lappland-Reise keinem Rentier zu begegnen. „Damit muss man bei uns jederzeit rechnen, darum fahren wir auch nicht schneller“, kommentiert unser Fahrer. In Lappland gibt es fast so viele Rentiere wie Einwohner. Sie sind eine wichtige Einnahmequelle. Jedes Tier gehört einem Hirten. Die Herden wandern frei herum, zwei- bis dreimal im Jahr werden sie zusammengetrieben und gezählt.
Natur und Wasserspaß
Wenn im Sommer die 27 Liftanlagen in Levi stillstehen bietet sich der 700-Einwohner-Ort für ausgedehnte Wanderungen an. Von der Spitze des Levi Fjäll (531 m), dem gewinnbringendsten Berg der Region, kann man die Weite Lapplands mit 100.000 Quadratkilometern in Finnland erahnen. In der Ferne glitzern Seen, davon gibt es 188.000 im Land.
„Sommer in Lappland ist für mich vor allem eines: Wasser. Die Seen und Flüsse sind nicht mehr zugefroren. Jetzt kann man sie nützen, man kann einfach hineinspringen und schwimmen, kann raften gehen oder Kanutouren machen“, erzählt Kai Alaste, während er bewaffnet mit einem Paddel am Rande des Kitkajoki Canyon im Nationalpark Oulanka bei Ruka steht, einer weiteren beliebten Wintersportdestination.
Er hat die Gruppe eben noch auf einem Schlauchboot durch die Stromschnellen inmitten der Taiga von Kuusamo geleitet. Um nach dem Adrenalinkick wieder zur Ruhe zu kommen, bietet sich das Betrachten des Sonnenuntergangs an. Um ihn nicht zu verpassen, kommt man selbst an einem aktivitätenreichen Tag nicht in Eile, da dieser im August erst zwischen halb elf (Monatsanfang) und halb neun Uhr (Monatsende) stattfindet.
Eine der immer beliebter werdenden Aktivitäten ist Mountainbiken. Immer öfter auch mit E-Fatbikes. Die Reifen sind rund zehn Zentimeter breit und der Motor mit 250 Watt lässt eine Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometer zu. Zum Beispiel in der Nähe des Skiorts Ylläs in Westlappland, wo der Wald fantastische Gelegenheiten für Pausen bietet. Guide Marko Kivisanta steigt von seinem Rad und begibt sich ins Dickicht: „Kommt, da sind überall Heidelbeeren. Ihr könnt sie einfach pflücken und essen.“ Sie begegnen einem dort nicht das erste Mal, schon im Flieger bekommt man Heidelbeersaft zu trinken. Im Sommer ist Beerenzeit. „Leider gibt es keine Moltebeeren mehr, da seid ihr zu spät“, sagt der Guide. „Aber vielleicht habt ihr eine 2-Euro-Münze bei euch, da könnt ihr sehen, wie sie aussieht.“ Die kleine orange-rote Beere ist eine Verwandte von Rose und Himbeere, süß und herb im Geschmack. Aus ihr werden unter anderem Likör, Saft, Gelee und Marmelade gemacht. Letztere darf bei einem typisch-regionalen Dessert nicht fehlen: Lapplandkäse (Leipäjuusto). Es ist ein Käse aus Kuh- oder Rentiermilch, den man ob seiner Konsistenz auch als „Quietschkäse“ bezeichnen könnte. Finnen lieben Leipäjuusto so sehr, dass sie ihn sogar in ihren Kaffee geben.
Leben auf Finnisch
Während man in Österreich gefragt wird, wie viel Stück Zucker man in seinem Kaffee haben möchte, kommt in Lappland die Frage „Möchtest du Käse?“. Ist die Antwort „Ja“, dann wird ein Stück oder mehrere in die Tasse gegeben und mit heißem Kaffee übergossen. Nach einiger Zeit des Rührens, nimmt man den Käse wieder heraus und trinkt den Kaffee, der nun ein deftiges Aroma hat.
Ebenso wie Moltebeeren und Lapplandkäse lieben die Einheimischen ihre Sauna. Ein Besuch bietet sich eigentlich immer an, auch im Sommer. Manche Familien haben sogar eigene Saunahütten an einem See, die traditionell holzbefeuert werden. „Es gibt keine Regeln, du kannst so lange bleiben, wie du möchtest. Auch die Anzahl der Durchgänge ist egal. Mach es einfach so, wie es sich für dich gut anfühlt“, sagt Reiseleiterin Hetta Huittinen. Die Gruppe sitzt in einer dieser Hütten nebeneinander, einer rot gestrichenen mit weißen Fensterrahmen. Die Saunakultur soll für Entspannung sorgen und gehört hier zum Alltag. „Ich gehe fast jeden Tag. Auch bei Geschäftsreisen wird bei uns gemeinsam in die Sauna gegangen, aber selbstverständlich bleibt da die Badekleidung an“ – also gibt es doch Regeln. Es wird langsam zu heiß.
Für die nötige Abkühlung sorgt ein Sprung in den 14 Grad „warmen“ See – zumindest wenn man diesen wagt. Aber jetzt gerade würde es bei 16 Grad Außentemperatur und Regen auch so rasch frisch. Wir wagen es dennoch und fühlen uns wie neu geboren, während sich zwei Regenbögen über dem Wasser zeigen.
Anreise
Die nationale Fluggesellschaft Finnlands (finnair.com ) fliegt im Regelbetrieb ab Wien mit einem Zwischenstopp in Helsinki nach Rovaniemi oder Kittilä. Die -Kompensation dafür beträgt via climateaustria.at 13,68 €
Reisezeit
In Finnisch Lappland beginnt mit den Mittsommernächten Anfang Juni der Sommer. Mittsommer herrscht offiziell bis Anfang Juli, es ist
24 Stunden lang hell.
Der Sommer in Lappland
kann eine Vielfalt von Wetterbedingungen bieten, wobei im Juli von einem längeren warmen Zeitraum ausgegangen wird. Die üblichen Temperaturen liegen zwischen 20 und 25 Grad.
Der August zählt mit 10 bis
20 Grad noch zum Sommer, wobei es gegen Ende schon Richtung Herbst geht. Die ersten Nordlichter werden Ende August sichtbar
Übernachtung
Levi Spirit: Luxuriöse Villen für bis zu zehn Personen mit 256 Quadratmeter Wohnraum und Sauna um 1.450 €/Nacht, Mindestaufenthalt 3 Nächte
Lapland Hotel Saaga: Hotelanlage in Ylläs, Doppelzimmer mit Frühstück pro Person ab 75 €/Nacht
Rukan Salonki Chalets: Geräumige Blockhäuser mit Sauna bieten bis zu 16 Personen um 330 €/Nacht Platz
Auskunft
visitfinland.com