Leben/Gesellschaft

Die Bussi-Bussi-Gesellschaft kehrt langsam zurück

Es wird wieder geküsst - auch auf höchster Ebene. Nachdem man sich Corona bedingt weltweit auf Faust-zu-Faust-, Ellebogen-zu-Ellbogen-Begrüßungen bzw. Verbeugungen geeinigt hatte, kehrte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nun öffentlich zum traditionellen Ritual der Grande Nation zurück. Anlässlich der Auszeichnung mit der Ehrenlegion küsste der 43-Jährige zwei Weltkriegsveteranen auf die Wangen. Er trug dabei einen Mund-Nasen-Schutz, wie ein Video des Élyséepalastes zeigt. Doch die Neuauflage von "la bise" ("Kuss") sorgt für Aufsehen.

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Küsse schrieben in Frankreich bereits Geschichte, der Zungenkuss ist bis heute als "French Kiss" in aller Munde. La bise dagegen wird vor allem zur Begrüßung und zur Verabschiedung unter Frauen ausgetauscht oder wenn sich Frau und Mann treffen. Zwei Küsschen pro Seite sind üblich.

Noch gibt man sich weltweit zurückhaltend, was den Körperkontakt beim Wiedersehen betrifft. Vor der Pandemie lagen Verbindlichkeiten nah bis fern.

Andere Ländere, andere Sitten

In Äthiopien küssen sich gute Bekannte zur Begrüßung mindestens dreimal auf die Wangen. Je nachdem, wie innig die Beziehung der Personen ist, kann dieser Brauch auch auf zehn oder mehr Küsschen ausgeweitet werden. In einem formalen Rahmen ist der Händedruck die Begrüßung der Wahl.

Anders in Belgien: Hier gehört der Wangenkuss zwar zur Begrüßung unter guten Bekannten und zu jedem Abschied dazu. Er ist aber nur angedeutete. Man beginnt auf der linken Seite und küsst im Seitenwechsel dreimal in die Luft, nicht auf die Wange. Apropos: Auch die Griechinnen und Griechen spitzen die Lippen eher in die Luft als auf die Wange.

In Thailand wiederum gelten Wangenküsschen als gänzlich unerhört. Stattdessen verneigen sich Thailänder mit einem "Wai". Das ist der buddhistische Gruß mit den Händen vor der Brust und ebenfalls eine Respektbezeugung. Je höher die Hände vor dem Gesicht gehalten werden und je tiefer die Verbeugung, desto größer die vermittelte Wertschätzung.

Eine kurze Verbeugung ist ebenso in China die traditionelle Begrüßung. Doch mittlerweile wird diese gerade in touristischen Regionen vom in Europa gängigen Händedruck verdrängt. Was das Küssen angeht: Noch in den 1970er- und 80er-Jahren brachten sich öffentlich küssende Paare in Schwierigkeiten mit der Polizei. "Unmoralisches Verhalten" wurde mit Erziehungskursen oder sogar Gefängnis bestraft. Erst im Jahr 1997 schaffte China das entsprechende Gesetz ab. Inzwischen sind küssende Paare in Metropolen wie Peking und Shanghai normal.

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In diese Verlegenheit kommen die Neuseeländer nicht. Zumindest die Maori pressen zur Begrüßung Stirn und Nase zusammen. Diese sehr vertraut anmutende Begrüßung heißt "Hongi". Dabei wird der "Ha", der "Atem des Lebens" ausgetauscht und die beiden Seelen miteinander in Berührung gebracht.

Feingefühl gefragt

"Ein Kuss kann je nach dem kulturellen Umfeld und den Umständen als freundschaftliche Geste oder sexuelle Handlung angesehen werden", heißt es in der freien Enzykolpädie Wikipedia. Tatsächlich ist Feingefühl gefragt, erst Recht in zeiten der Pandemie. Emmanuel Macron legte es bei der Begrüßung von Angela Merkel an den Tag. Der Franzose begrüßte die deutsche Bunkdeskanzlerin mit einer Verbeugung.

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