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Finanzen: Ein Leben lang mehr Wissen

Die gute Nachricht ist: Laut einem aktuellen OECD-Bericht genießen die Österreicher einen Lebensstandard und ein subjektives Wohlbefinden, die zu den höchsten in der OECD gehören. Erwachsene liegen bei internationalen Messungen der Finanzkompetenz ebenfalls über dem OECD-Durchschnitt. Aber es gibt auch Risiken in der österreichischen Finanzbildung, die man laut OECD nicht unterschätzen sollte. Die Hälfte der Erwachsenen in Österreich könne laut aktuellem Bericht nichts mit dem Begriff Zinseszins anfangen und fast 40 Prozent haben keine Ahnung, was eine Risikodiversifikation ist. Dieses Nicht-Wissen beeinträchtig laut OECD die Fähigkeit zur langfristigen effektiven Verwaltung finanzieller Ressourcen und birgt das Risiko einer Überschuldung. Vanessa Koch, Projektleiterin Nationale Finanzbildungsstrategie im Bundesministerium für Finanzen: „Finanzbildung muss als Teil des lebenslangen Lernens verstanden werden, damit in jeder Lebensphase eines Menschen durchdachte Finanz- und Konsumentscheidungen getroffen werden können und das finanzielle Wohlbefinden nachhaltig gesteigert werden kann.“

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Finanzbildung muss als Teil des lebenslangen Lernens verstanden werden

Vanessa Koch
Finanzministerium

Erwachsenenbildung

Während das Thema Finanzbildung in den Schulen und damit bei Kindern und Jugendlichen einen stetigen Ausbau erfährt, so gibt es laut OECD große Bevölkerungsgruppen, für die es kaum adäquate Finanzbildungsangebote gibt und wo gerade heute ein großer Bedarf besteht. Eine sehr große Gruppe sind Frauen. Zahlreiche Studien zeigen, dass diese in Österreich über ein geringeres Finanzwissen als Männer verfügen, gleichzeitig aber durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie stärker betroffen sind. Durch die Schließung von Kinderbetreuungseinrichtungen und die steigende Belastung durch unbezahlte Arbeit oder den Verlust des Arbeitsplatzes geraten diese zunehmend finanziell unter Druck. Laut OECD würde eine Steigerung ihrer Finanzkompetenz helfen, ihr finanzielles Leben besser zu verwalten und möglicherweise ihren finanziellen Wohlstand zu steigern. Außerdem würde dies dazu beitragen, das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in Wirtschaft und Gesellschaft zu verringern.

Vorsorge-Wissen

Laut einer vom Marktforschungsinstitut IMAS durchgeführten Umfrage im Auftrag der Wiener Städtischen, Erste Bank und Sparkassen mit 1.000 Befragten glauben nur 45 Prozent daran, dass es die staatliche Pension in der heutigen Form bis zu ihrem eigenen Pensionsantritt noch geben kann. Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen: „Viele sind daher der Überzeugung, dass sie hinkünftig tendenziell mehr private ergänzende Vorsorge für den Lebensabend treffen werden müssen. Eine durchaus realistische Einschätzung, bedenkt man, dass neben den demographischen Veränderungen nun auch noch die steigende Staatsverschuldung aufgrund der Corona Krise das Budget zusätzlich belastet.“ Ohne private Vorsorge und Wertpapierinvestments aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase wird es also nicht gehen. Laut OECD verfügen aber gerade erwachsene Österreicher nur über ein geringes Finanzwissen in diesen Bereichen und nur wenige sind an den Kapitalmärkten engagiert.

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Lebenslange Lernkonzepte im Bereich der Finanzbildung sind absolut essentiell

Harald Waiglein
Finanzministerium

Digitalisierungsschub

Harald Waiglein, Sektionschef im Bundesministerium für Finanzen: „Lebenslange Lernkonzepte im Bereich der Finanzbildung sind absolut essentiell, um mit der steigenden Komplexität der Finanzmärkte und Finanzprodukte sowie der schnell voranschreitenden Digitalisierung im Finanzdienstleistungsbereich Schritt halten zu können.“ Interessant ist dabei, dass gerade die Corona-Pandemie zu einem Digitalisierungsschub geführt hat. Lockdowns und Kontaktverbote zwangen die Österreicher förmlich dazu, sich mit neuen Bezahlmethoden und auch Online-Banking auseinander zu setzen. In Österreich wurden 2020 von den 985 Millionen Transaktionen im Handel rund 690 Millionen kontaktlos getätigt. Das heißt, 83 Prozent der Zahlungen erfolgten kontaktlos. Im Vergleich zu den Vorjahren ein deutliches Plus und ein Trend, der sich weiter fortsetzen wird. Es ist daher wichtig, dass alle Bevölkerungsgruppen mit den digitalen Fortschritten im Finanzdienstleistungsbereich umgehen können und dafür benötigt es eine entsprechende Begleitung durch Bildungsangebote.

„Chancen und Risiken erkennen lernen“

Gerhard Fabisch, Präsident des Österreichischen Sparkassenverbandes, über Finanzbildung, Kryptowährungen und Wertpapier-Wissen als Notwendigkeit.

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Was sind zentrale Faktoren beim Thema Finanzbildung? 

Gerhard Fabisch: Das Thema Finanzwissen bleibt für erwachsene Menschen vor allem dann relevant, wenn es ihnen bereits früh vermittelt worden ist. Umso wichtiger ist es, den jungen Menschen bereits im Kindesalter ein Gespür zu vermitteln, wie man sinnvoll mit dem vorhandenen Geld umgeht. Auch Sparen will gelernt sein. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich spätere finanzielle Probleme vermeiden lassen, wenn Kinder und Jugendliche früh eine gesunde Grundeinstellung zum Geld bekommen. 

Die Finanzbranche ist einem stetigen Wandel unterworfen. Wie kann man hier Schritt halten? 

Nur wer bereit ist, sich laufenden neuen Herausforderungen zu stellen und sich über lebenslanges Lernen das notwendige Wissen aneignet, findet sich im Leben zurecht. Das gilt auch für das Thema Finanzen. Wir leben in einer schnelllebigen Welt, die Digitalisierung schreitet voran und viele technische Innovationen bestimmen unseren Alltag, auch in unserem Geldleben. Seine Kompetenzen in den unterschiedlichsten Bereichen auszubauen und offen dafür zu sein, immer wieder dazu zu lernen, verschafft deutliche Vorteile – sowohl im Berufs- als auch Privatleben. 

Welche großen Herausforderungen gilt es, gerade jetzt im Finanzleben zu meistern? 

Wenn es heute über das alltägliche Bankgeschäft hinausgeht, kann es schnell kompliziert werden. Die Sparbuchzinsen sind tief und viele Österreicher suchen derzeit nach Anlagemöglichkeiten. Im Internet wird man quasi täglich mit den unterschiedlichsten Angeboten mit vermeintlichen Spitzen-Renditen bombardiert. Aber hier die Spreu vom Weizen zu trennen, braucht Know-how. Nicht selten locken hier auch Verheißungsvolle Investments in Krypto-Assets wie etwa Bitcoin. Angesichts der großen Risiken kann das aber große Verluste nach sich ziehen. Mangelndes Finanzwissen kann dazu führen, dass eben solche Veranlagungen falsch eingeschätzt werden.

Die Serie „Finanzwissen“ entsteht in Kooperation mit dem BMF. Den nächsten Teil lesen Sie am Sonntag, 23. Mai 2021.

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