Wiener Markthalle: Ein Beteiligungsprozess und ein rot-grüner Zahlenkrieg
Bereits im Vorfeld wurde heftig diskutiert – jetzt haben Stadträtin Ulli Sima und der Mariahilfer Bezirkschef Markus Rumelhart (beide SPÖ) die Details zum Bürgerbeteiligungsprozess rund um den Umbau des Naschmarkt-Parkplatzes vorgestellt.
Seit heute können die Wiener ihre Vorschläge zur Fläche zwischen der Kettenbrückengasse und dem Rüdigerhof deponieren.
Die Marschrichtung ist klar: Der Parkplatz – laut Sima eine der größten Hitzeinseln der Stadt – soll kühler werden. „Das Ziel ist ein Ort mit ausreichend Schatten, möglichst viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität“, sagt Sima.
Wettbewerb ab Herbst
Gelingen soll das mit einer begrünten Markthalle, die im rot-pinken Regierungspakt fixiert ist: Sie ist das „Herzstück“ des Umbaus, den Sima seit Monaten bewirbt – unter anderem mit Visualisierungen.
Letztlich könnte die Halle aber doch anders aussehen als auf den gezeigten Bildern: Auf Basis des Beteiligungsprozesses startet im Herbst ein Gestaltungswettbewerb.
Das Siegerprojekt soll im kommenden Jahr feststehen.
Markt-Tradition am Parkplatz
Vorgesehen ist, dass in der Halle vor allem regionale Produzenten ihre Produkte anbieten. Damit würde man an eine Tradition anknüpfen: Bevor die Fläche 1972 zum Parkplatz wurde, befand sich dort ein Großmarkt.
Er siedelte nach Inzersdorf ab, als der dortige Großmarkt eröffnete.
Seit 1977 nutzt der Flohmarkt, der bis dahin vor allem Am Hof abgehalten wurde, regelmäßig den Parkplatz. Er soll laut Sima erhalten bleiben.
Visuelle Gegendarstellung
Wenig erfreut über die Neuigkeiten sind die Grünen: Es werde an einem sehr heißen Platz bald noch mehr Beton und Stahl geben, moniert der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus.
Die Plattform
Seit Montag, können über die Website markthalle.wienwirdwow.at Wünsche und Vorschläge für den Naschmarkt-Parkplatz deponiert werden. Es handelt sich um keine Befragung mit Ja/Nein-Antworten: Bei manchen Fragen gibt es mehrere Möglichkeiten zur Auswahl, bei anderen sind die Antworten völlig offen.
Angebot für Anrainer
10.000 Haushalte rund um den Naschmarkt-Parkplatz im 4., 5. und 6. Bezirk erhalten einen Informationsbrief und eine Karte, mit der sie ihre Vorstellungen einschicken können.
Persönliche Termine
Sofern es Corona zulässt, finden im Mai und Juni unter strengen Sicherheitsmaßnahmen Diskussionen mit den Vorstehern der drei angrenzenden Bezirke statt.
Um das zu veranschaulichen, ließ seine Partei sogar ein eigenes Rendering von der Markthalle – eine Art visuelle Gegendarstellung zu Simas Bildern – anfertigen.
Weiterer grüner Kritikpunkt: Sima und Rumelhart würden einen einstimmigen Beschluss des Mariahilfer Bezirksparlaments ignorieren.
Wie der KURIER berichtete, haben die Mandatare – auch jene der SPÖ – zuletzt für eine „ergebnisoffene Befragung“ plädiert. Der nun präsentierte Prozess sei das aber nicht, sagen die Grünen.
Rote Umfrage, grüne Umfrage
Und: Mitmachen können (anders als von den Grünen gewünscht) nicht nur die Bewohner der angrenzenden Bezirke Wieden, Margareten und Mariahilf, sondern alle Wiener. „Das Ziel ist ja auch, dass ganz Wien auf den neuen Platz kommt“, sagt Bezirkschef Rumelhart.
Völlig anders sieht das sein grüner Vize, Michi Reichelt: „Das ist ein Versuch der Stadträtin, die Markthalle auf stärkere Beine zu bringen“.
Zu der Annahme kommt er wegen einer Umfrage, die die Grünen unter 600 Anrainern durchführten: 80 Prozent der Bezirksbewohner lehnen die Markthalle ab.
Auch Sima hat in der Zwischenzeit eine Umfrage hervorgekramt – mit komplett anderem Ergebnis: In einer Online-Befragung unter 500 Wienern befanden rund 70 Prozent die „Idee einer Markthalle und die Neugestaltung des Platzes alles in allem“ eher gut oder sehr gut.
Schwierige Bedingungen
Ginge es nach den Grünen, würde der Parkplatz übrigens zu einem Park umgebaut.
Laut Sima sind Baumpflanzungen dort aber unmöglich, weil sich die Fläche auf einer Brückenkonstruktion über dem Wienfluss befindet. Bäume könnten dort nicht tief wurzeln.
Ein Ende des Hickhacks ist so bald nicht in Sicht: Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung werden erst im Juli vorliegen.