Wien hat eine rot-pinke Koalition
Von Josef Gebhard
Zu guter Letzt hat ausgerechnet Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit seinen Corona-Maßnahmen dazu beigetragen, dass SPÖ und Neos ihre Koalitionsverhandlungen einen Tag früher abschließen konnten, als sie ursprünglich geplant hatten.
Eigentlich hätte der sozial-liberale Pakt erst am Montag unter Dach und Fach gebracht werden sollen, doch damit die SPÖ-Gremien ihn noch vor dem Lockdown am Dienstag absegnen können, beschlossen SPÖ und Neos kurzerhand für Sonntag eine Extra-Verhandlungsrunde.
Die sonntägliche Zusatzschicht hat sich bezahlt gemacht: Kurz vor halb vier am Nachmittag ließ ein SPÖ-Sprecher via APA ausrichten: Rot und Pink haben sich geeinigt.
Erste Eckpunkte
Somit steht der nach Salzburg zweiten Regierungsbeteiligung der Neos auf Landesebene nichts mehr im Wege. In der Nacht auf Montag erfolgte noch die End-Redaktion des Koalitionsvertrags. Heute, Montag, wollen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Neos-Parteichef Christoph Wiederkehr erste inhaltliche Schwerpunkte der Öffentlichkeit präsentieren. Am späten Nachmittag stimmen dann die SPÖ-Gremien über den Pakt ab, tags darauf die Neos.
Am Sonntag ließ sich beiden Parteien erst wenig über die Vorhaben der neuen Regierung entlocken. In Neos-Kreisen gibt man sich sehr erfreut darüber, sehr viel in den Bereichen Bildung, Klimaschutz und Transparenz herausverhandelt zu haben. Allen voran deutlich mehr Geld für Schulen und Kindergärten.
Als so gut wie fix gilt, dass Wiederkehr das Bildungsressort bekommt. Möglicherweise wandern die bisher dort angesiedelten Integrationsagenden in ein anderes Stadtratsbüro.
Das SPÖ-Regierungsteam soll gleich bleiben, nur die Zuständigkeiten werden sich zum Teil ändern. Dies betrifft vor allem Jürgen Czernohorszky, der bisher für die Bildung zuständig war. Er könnte künftig ein Großressort leiten, in dem unter anderem die Themen Verkehr und Öffentliche Verkehrsmittel zusammengefasst werden. Dem Vernehmen nach soll Czernohorszky am Sonntag noch intensiv am Überlegen gewesen sein, ob er bereit dazu ist, diese neuen Aufgabengebiete zu übernehmen.
Ludwig soll jedenfalls schon Gespräche mit seinen Stadträten über deren neue und alte Zuständigkeiten geführt haben. Wie berichtet, könnte neben Wiederkehr Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal einen Vizebürgermeister-Posten bekommen.
Grüner Schicksalstag
Nur noch von der Outlinie aus betrachtet all das Ludwigs bisheriger Koalitionspartner: Die Grünen. Für sie ist der heutige Montag auch ein entscheidender Tag. Der Rathausklub entscheidet, wer grüner Klubchef wird und welche beiden Grünen nichtamtsführende Stadträte werden. Ersteres dürfte David Ellensohn werden, die beiden anderen Posten könnten an Peter Kraus und Judith Pühringer gehen.
Dies wäre ein herber Schlag für die bisherige Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die dann nur mehr Parteichefin und einfache Gemeinderätin wäre.