Tschetschene misshandelt: Acht Polizisten vor Gericht
Wären die Videos nicht aufgetaucht, niemand hätte dem Tschetschenen geglaubt. Nach einem Polizeieinsatz in einem illegalen Wettlokal hatte der 29-jährige Mann zahlreiche Blessuren am ganzen Körper. Unter anderem eine Schädelprellung, Nasen- und Brustbeinprellung, Prellungen am Unterarm und Schmerzen im Unterleib. Die Verletzungen sollen von Schlägen durch Polizisten stammen. Seit Mittwoch stehen acht Beamte deshalb vor Gericht in Wien. Sie bekennen sich großteils schuldig.
Nicht allen beteiligten Polizisten wird vorgeworfen, hingeschlagen zu haben. Einige haben einfach weggeschaut, sind nicht eingeschritten. Andere haben sich laut Staatsanwältin geweigert, eine entsprechende Anzeige des Mannes aufzunehmen und den Bericht über den Einsatz "geschönt".
"Schuldig" bekennt sich der 37-jährige Hauptangeklagte. "Er ist seit elf Jahren Polizist, hat zahlreiche Auszeichnungen und Belobigungen bekommen", sagt sein Anwalt Marcus Januschke. "Auch Polizisten sind nur Menschen, keine Roboter."
"Nicht gut drauf"
Am Tag des verhängnisvollen Einsatzes, es war der 13. Jänner 2019, stand der Polizist unter Strom. Er hatte einen heftigen Streit mit seiner Lebensgefährtin. Eine Trennung stand im Raum. "Ich war nicht gut drauf", sagt er.
Es war bereits nach Mitternacht, als der Revierinspektor mit seinen Kollegen zu einem Raufhandel in die Raaber-Bahn-Gasse gerufen wurde. "Eine üble Gegend", wie Anwalt Januschke bestärkt. Die Beamten gingen in das Lokal, in dem auch illegales Glücksspiel betrieben wurde. Zwei Personen befanden sich in den Räumen. Darunter der Tschetschene. Und der, das wird immer wieder betont, habe sich "unkooperativ" verhalten. Er wollte sich nicht ausweisen, habe patzig geantwortet: "Du hast mir gar nichts zu sagen."
Der Einsatz endete damit, dass der Tschetschene erst auf eine Couch gedrückt, dann gegen eine Wand gestoßen wurde. Er kassierte einen Kniestoß in den Unterleib und Faustschläge auf die Brust - da lag er bereits am Boden. "Im Eifer des Gefechts habe ich die Beherrschung verloren", gibt der Erstangeklagte zu. "Ich habe das dann selbst gemerkt, bin raus an die frische Luft."
"Ihr gehört's alle abgeschoben!"
Was er nicht erwähnt, ist, dass er den Tschetschenen auch beschimpft haben soll. "Ihr scheiß Tschetschenen gehört's alle abgeschoben", soll der Beamte - er begleitet übrigens auch Abschiebeflüge - gesagt haben. Und: "Du brauchst einen Haufen Beweise für die Schläge."
Er soll übrigens nicht der einzige Polizist gewesen sein, der auf den Mann eingeschlagen haben soll. Auch ein weiterer Kollege ist auf den Videos zu erkennen. "Er hat überreagiert", gesteht Anwalt Alfred Boran zu. "Aber wenn er in dem Verfahren mehr als 12 Monate bekommt, ist er erledigt. Er ist ein guter Polizist."
Als der Tschetschene in den Tagen danach mehrmals auf der Polizeiinspektion Anzeige erstatten wollte, wurde er weggeschickt. Einmal mit dem Hinweis "Jeder stolpert irgendwann einmal."
Der Prozess ist für drei Tage anberaumt, die Urteile sollen am 3. Juli fallen.