"Reden tut gut": Neues Wiener Plaudertelefon gegen die Einsamkeit
Auf Initiative von Wiens Ex-Bürgermeister Michael Häupl, mittlerweile Präsident der Wiener Volkshilfe, haben sich Volkshilfe, Samariterbund und Pensionistenverband für das neue Projekt "Reden tut gut" zusammengetan. Menschen, die sich einsam fühlen, können zu bestimmten Zeiten unter der Nummer 01/35844 anrufen und mit Freiwilligen über alles sprechen, was ihnen auf der Seele brennt.
"Das Problem der Einsamkeit in einer Großstadt ist eines, das schon vor Corona existiert hat, gar keine Frage", sagte Häupl bei der Projektpräsentation am Donnerstag. Aber: "Corona hat das besonders verschärft, fokussiert, in den Vordergrund gerückt."
Schmäh führen
Darum habe man sich überlegt, wie man niederschwellige Gesprächsangebote organisieren kann. "Wo jemand anrufen kann, wenn er unter Einsamkeit leidet. Und wenn man nur Schmäh führen will, ist es auch recht."
Pensionistenverbands-Präsident Harry Kopietz betonte, es handle sich um ein "Plaudertelefon", kein Notruftelefon. Wird bemerkt, dass weiterführende Hilfe benötigt wird, geben die Ehrenamtlichen die Nummern von psychosozialen Diensten weiter.
Für alle Altersstufen
Das Angebot richtet sich dabei explizit nicht nur an Senioren: "Einsamkeit geht quer durch die Bevölkerung", sagte Kopietz. Das bestätigte auch Volkshilfe-Geschäftsführerin Tanja Wehsely. Bereits in den ersten drei Wochen seit dem Start der Hotline hätten Menschen fast jeden Alters angerufen: "Das geht quer durch die Bank." Zudem habe man festgestellt, dass sich die Altersgruppen auch gerne mischen, so Wehsely - "es reden auch gerne Junge mit Alten und Alte mit Jungen".
Eine Besonderheit ist, dass "Reden tut gut" vom Start weg in zwei Sprachen, nämlich Deutsch und Türkisch angeboten wird. Sollte sich die entsprechende Nachfrage zeigen, wird BKS (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) als - vorerst - dritte Sprache ins Programm aufgenommen. Die Volkshilfe, in der Menschen aus 60 Nationen arbeiten und die auch die türkischsprachigen Ehrenamtlichen stellt, sei dafür bereit, sagte Wehsely. Auch die Erweiterung um ein digitales Angebot wie einen Chat ist bei Bedarf bereits angedacht.
Unterstützung von Help Mobile
Vorerst teilen sich 30 ehrenamtliche Freiwillige aus den drei teilnehmenden Organisationen nach einer gründlichen Einschulung die Telefondienste. Telefoniert wird dabei nicht aus einem Call Center, sondern vom privaten Handy aus. Die Nummern von Anrufern und den Ehrenamtlichen werden dabei für das Gegenüber anonymisiert. Die dahinterliegende Technik wird von dem sozialen Mobilfunkbetreiber Help Mobile zur Verfügung gestellt. "Wir sind sehr froh, dass wir das Projekt unterstützen dürfen und stellen gerne unser Können zur Verfügung", sagte Geschäftsführerin Andrea Pichler.
Momentan befindet sich das Projekt sozusagen noch in der Pilotphase. Es gehe darum, sich ein bisschen "hinzutasten und das Angebot zu optimieren", erklärte Wehsely. Momentan sei es für alle wegen der warmen Jahreszeit und der Lockerungen ein wenig leichter, doch "wir wissen, in Österreich kommt der Herbst rasch". Wenn die Tage wieder dunkler werden, wolle man bereit sein.
Ganz neu ist "Reden tut gut" freilich nicht: Die Volkshilfe Steiermark hat eine entsprechende Hotline im vergangenen November gestartet und auch die Volkshilfe Oberösterreich überlegt, das Konzept zu übernehmen.