Chronik/Wien

Reaktionen auf Maurer-Urteil: "Rechtspolitisch eine Sauerei"

Medienanwalt Michael Pilz hält das Urteil gegen die frühere Grün-Mandatarin Sigrid Maurer für "rechtspolitisch eine Sauerei". Das Urteil sei "formal wohl nicht zu bekritteln". Aber, so Pilz am Dienstag zur APA: "Die Beweiswürdigung hätte wohl auch anders ausgehen können."

Maurer war nicht rechtskräftig am Dienstag wegen übler Nachrede am Landesgericht Wien verurteilt worden. Sie hatte obszöne Nachrichten an sie auf Facebook und Twitter gepostet und darin den Besitzer eines Biergeschäfts als Verfasser beschuldigt, der sie daraufhin klagte. Strafrechtlich muss Maurer für die üble Nachrede 150 Tagsätze zu je 20 Euro, also 3.000 Euro, an den Staat zahlen. Weitere 4.000 Euro für die "erlittene Unbill" gehen an den Kläger. Die Verurteilung zu einer Entschädigung an den Lokalbetreiber erfolgte letztlich medienrechtlich.

 

Verbreitung von Inhalten über Twitter sind Pilz zufolge grundsätzlich eine massenhafte Verbreitung, Twitter gilt wie auch Facebook daher als Massenmedium. Der Autor dieser Inhalte sei aber kein Journalist, sondern gelte in dem Fall als "Medieninhaber", erläuterte der Anwalt. Das sei auch regelmäßig der Fall, wo sich viele wundern würden, dass sie plötzlich unter das Medienrecht fallen würden. Maurer sei letztlich medienrechtlich zu einer

"Was Maurer gemacht hat, war erkennbar eine Notwehraktion", sagte Pilz. " Rechtspolitisch muss gesagt werden, hier muss etwas geändert werden." Dabei sei selbstverständlich auf die Interessen beider Parteien Bedacht zu nehmen. Entsprechende rasche Änderungen hielt der Medienanwalt für durchaus wahrscheinlich: "Die #Metoo-Bewegung hat es in einem Jahr geschafft, viel zu bewegen. Da können auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) nicht daran vorbeigehen."

Frauenvolksbegehren: Rechtsstaat lässt Frauen im Stich

Die Sprecher des Frauenvolksbegehrens haben nach dem Schuldspruch für Sigrid Maurer am Dienstag kritisiert, dass der Rechtsstaat Frauen im Stich lasse. Die Notwendigkeit, dass bei negativen Äußerungen der Wahrheitsbeweis angetreten werden muss, sei zu respektieren, doch der Fall zeige auf, dass sich Opfer von Hass-Nachrichten kaum wehren können.

"Dieser Fall zeigt klar auf, dass der österreichische Rechtsstaat Menschen im Stich lässt, wenn es um (sexistische) Hass-Nachrichten geht. Es gibt kaum Möglichkeiten sich dagegen zu wehren", so Sprecherin Schifteh Hashemi. Man spreche sich klar für eine Verwaltungsstrafe für Hate Speech im Netz aus. Eine Expertenkommission müsse an einer entsprechenden Gesetzesvorlage arbeiten, forderte Christian Berger vom Frauenvolksbegehren.

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