Chronik/Wien

Neues Gleichbehandlungsreferat für muslimische Frauen

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) ist punkto Frauenanteil an wichtigen Schlüsselpositionen ein Abbild der Gesamtgesellschaft: In ihren politischen Gremien sind Frauen immer noch unterrepräsentiert. Dazu kam im vergangenen Sommer der Rücktritt der IGGÖ-Frauensprecherin, die als einzige Frau im Obersten Rat gesessen hatte. Als Folge davon wurden nun drei Sitze im wichtigsten Entscheidungsgremium der IGGÖ mit jungen Frauen besetzt.

Sie sollen das „Referat für Gleichbehandlung und Frauenförderung“ aufbauen, das sich der Auseinandersetzung mit genderspezifischen Aspekten innerhalb der IGGÖ, in der muslimischen Community und in der Gesamtgesellschaft widmen wird.

"Diskriminierung sichtbar machen"

„Das Referat wird zur Sensibilisierung für Frauenanliegen und zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen, indem es geschlechterspezifische Benachteiligungen, Diskriminierung und Problemlagen innerhalb der IGGÖ sichtbar macht,“ erklärt Elif Dagli, die Vorsitzende des Referats.

Ihr Team soll Strategien entwickeln, um den Zugang von Frauen zu islamischen Institutionen sowie die gleichberechtigte Beteiligung an der Gestaltung, Organisation und Führung der muslimischen Gemeinschaft zu erwirken.

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„Unsere Gemeinschaft kann es sich nicht länger leisten, auf die Talente und Fähigkeiten der Hälfte ihrer Mitglieder zu verzichten", resümiert auch Arefe Yildiz, die gemeinsam mit Dagli den Vorsitz innehat. "So ist es uns besonders wichtig, dass das möglichst vielfältige Team völlig unabhängig von Verbänden, die der IGGÖ angehören, agieren kann."

„Unsere Glaubensgemeinschaft ist nur dann für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet, wenn sie dazu bereit ist, althergebrachte Ansichten und Verhaltensmuster kritisch zu hinterfragen", betont auch IGGÖ-Präsident Ümit Vural. "Daher bin ich sehr froh, dass mit der Einrichtung des neuen Referats Frauen innerhalb unserer Glaubensgemeinschaft durch die faktische Übernahme von Verantwortung, Einflussnahme und Selbstbestimmung ein starkes Zeichen setzen werde.“

Männer mussten Platz machen

Wie berichtet, war der Rücktritt der ehemaligen Frauenbeauftragten Fatma Akay-Türker im vergangenen Sommer der Auslöser der Neuerung. Die intern umstrittene Delegierte der streng konservativen Türkischen Föderation schmiss als einzige Frau im Obersten Rat nach nur eineinhalb Jahren im Amt das Handtuch - was auch von der Öffentlichkeit nicht unbemerkt blieb.

Gegenüber Medien begründete sie die Entscheidung mit fehlender Anerkennung in der IGGÖ. Frauen würden dort auf ihre traditionelle Rolle reduziert. Reformen, die sie habe anstoßen wollen, hätten nicht die notwendige Unterstützung gefunden. "Stillstand bewahren" sei das Programm der IGGÖ.

Ein Vorwurf, den IGGÖ-Präsident Vural nicht auf sich sitzen lassen wollte. Er kündigte tiefgreifende Reformen an. In der Folge wurde der männerdominierte Oberste Rat umstrukturiert. Gleich mehrere Delegierte mussten ihre Plätze zu Gunsten von Frauen räumen.