Neue Elektrolyseanlage: Wien erzeugt nun Wasserstoff für 60 Busse
Von Anna Perazzolo
In Wien wird ab sofort – und erstmals – Wasserstoff produziert. Grüner Wasserstoff, um genau zu sein. Wasserstoff gibt es nämlich in verschiedenen Farben. Gemeint ist damit aber nicht die tatsächliche Farbe, denn das Gas an sich ist farb- und geruchslos.
Stattdessen handelt es sich bei der Farbzuschreibung um die Art, wie Wasserstoff produziert wird. Bei der Produktion von grünem Wasserstoff darf ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen zum Einsatz kommen. Mittels Elektrolyse wird Wasser dann in seine Bestandteile zerlegt. Der freigesetzte Sauerstoff entweicht in die Luft, der Wasserstoff wird verdichtet und kann unter hohem Druck platzsparend gelagert und transportiert werden.
Zwei Tankstellen
Genau das geschieht nun in Simmering. Die Wien Energie und die Wiener Netze haben dort eigens für diesen Prozess die erste Elektrolyseanlage der Stadt – samt angeschlossener Tankstelle – gebaut. Die Kosten dafür betragen rund 10 Millionen Euro.
Tankstellen
In Wien gibt es nun zwei Wasserstoff-Tankstellen. Angesteuert werden sie nicht von Privaten, sondern von der
MA 48, den Wiener Linien und privaten Logistikfirmen. Der Wasserstoff kann mit 350 oder 700 bar aufgenommen werden. Der Tankvorgang dauert rund zehn Minuten
1.300 Kilogramm
Wasserstoff können in der neuen Elektrolyseanlage in Simmering täglich produziert werden. Das reicht für 60 Busse und Lkw. Die Leistung der Anlage beträgt drei Megawatt
Mit einer Leistung von drei Megawatt erzeugt die Anlage täglich bis zu 1.300 Kilogramm Wasserstoff. „Derzeit ist es noch etwas weniger, weil die Anlage erst kurz in Betrieb ist“, sagt Linda Kirchberger, Bereichsleitung Dekarbonisierung und Neue Technologien bei der Wien Energie.
Die produzierte Menge reicht, um 60 Busse oder Lkw zu betanken. Private Fahrzeuge können die zwei städtischen Tankstellen nicht anfahren. Sie sind nur für Schwerlast konzipiert, etwa für die Fahrzeuge der MA48 oder die neuen Wasserstoffbusse der Wiener Linien. Schließlich soll die Linie 39A schon 2025 auf Wasserstoff-Antrieb umgestellt werden.
Zehn Busse mit einem Verbrauch von durchschnittlich sieben Kilo Wasserstoff pro 100 Kilometer werden dann unterwegs sein. Daneben tanken aber auch Industriepartner, wie etwa Ikea Österreich, ihre Fahrzeuge an den städtischen Tankstellen.
Turbinen antreiben
Wasserstoff kann aber auch abseits des Mobilitätsbereichs zum Einsatz kommen. Vergangenes Jahr wurde bei der Gasturbine im Kraftwerk Donaustadt ein Betriebsversuch abgehalten. Dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas wurde dabei Wasserstoff beigemischt. Der Hintergrund: Die bestehenden Gasturbinen sollen bis 2040 mit Wasserstoff betrieben werden.
Bei den Tests konnte der beigemischte Wasserstoffanteil auf 15 Volumenprozent gesteigert werden. 2027 oder 2028 sollen die Tests fortgesetzt werden. „Mit mindestens 30 Volumenprozent, vielleicht sogar etwas mehr“, sagt Kirchberger.
Würde man die Kraftwerke – so das Gedankenexperiment – aber tatsächlich komplett auf Wasserstoff umstellen, bräuchte man viel mehr davon. „In Österreich kann gar nicht so viel produziert werden“, sagt Kirchberger. „Kraftwerkbetreiber müssten also woanders einkaufen.“ Außerdem werde in Simmering Wasserstoff in höchster Qualität produziert. Das würden die Turbinen in der Donaustadt gar nicht brauchen.
Einspeisung ins Gasnetz wird vorbereitet
Aber zurück zum aktuellen Geschehen: Die derzeit produzierte Menge reiche vorerst, sagt Kirchberger. „Es ist wie damals am Anfang der E-Mobilität. Es gab keine Anbieter und keine Abnehmer. Wir haben nun das Glück, die gesamte Wertschöpfungskette im Kleinen testen zu können.“ Von der Produktion über die Speicherung und den Vertrieb bis hin zur Anwendung passiere alles in Wien. Gleichzeitig sei derzeit die Einspeisung von Wasserstoff in das Wiener Gasnetz in Vorbereitung.