Missbrauch in Wiener Kindergarten: Immer mehr Vorwürfe gegen die Stadt
Die Causa um die Missbrauch-Verdachtsfälle in einem Penzinger Kindergarten schlägt weiter hohe Wellen. Die Elternvertreterin Katharina Kohlbach wirft im KURIER-Gespräch u. a. der Kindergartenleitung und der MA10 (Kindergärten) Vertuschung vor. Auch die Stadtregierung soll nicht ganz die Wahrheit erzählt haben.
Verdachtsfälle
Aber der Reihe nach: Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt seit mehr als einem Jahr gegen den Pädagogen P., der während der Arbeit mindestens vier Kinder sexuell missbraucht haben soll. P. soll von März 2020 bis April 2021 im Kindergarten gearbeitet haben. Nach der Anzeige wurde er in einen Arbeitsbereich versetzt, wo er nichts mit Kindern zu tun hat. Der erste Verdachtsfall ist laut KURIER-Informationen seit April 2021 bekannt, der zweite und dritte Fall seit Ende Jänner 2022.
Bei den drei Fällen sollen die Kindergartenleitung, die Regionalleitung sowie die MA10 „gemeinsam entschieden haben, die Eltern über die Fälle nicht zu informieren“, sagt nun Kohlbach. Bevor die Medien von den Fällen erfahren haben, dürften sich einige Eltern wegen „auffälliger Symptomatik“ ihrer Kinder bei der Kindergartenleitung gemeldet haben. Die Leitung habe dies aber nicht ernst genommen. Erst nachdem sich besorgte Eltern bei einem Verein zur Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch gemeldet haben, kam die Geschichte ins Rollen.
Kommission wurde eingerichtet
Die MA10 will auf diesen Vorwurf nicht im Detail eingehen, sondern verweist auf die Kommission, die eingerichtet wurde, um „alle Abläufe seit Bekanntwerden des ersten Verdachtsfalls bis heute zu untersuchen“.
Mehr als zehn Fälle?
Bei einem am 19. Mai von der MA10 organisierten Elternabend, den Kohlbach als eine „Katastrophe“ bezeichnete, soll die unvorbereitete MA10 laut der Elternvertreterin falsche Listen mit von dem verdächtigten Pädagogen betreuten Kindern aufgelegt haben. Wie der KURIER erfahren hat, haben sich an dem Abend mehr als zehn Eltern gemeldet, deren Kinder gravierende Symptomatik gezeigt haben. Auch haben einige Pädagogen Angst, die Kinder zu wickeln, weil sie nicht unter Verdacht geraten wollen. Einige haben sogar gekündigt.
Erste Konsequenzen
Am vergangenen Freitag hat der zuständige Bildungsstadtrat Wiederkehr (Neos) die ersten Konsequenzen bekannt gegeben. Demnach wurde unter anderem die Kindergarten- sowie die Regionalleitung nach dem Bekanntwerden der Verdachtsfälle versetzt. Doch laut Kohlbach wurden die Pädagogen im Penzinger Kindergarten bereits vor Bekanntwerden der Ereignisse informiert, dass die Regionalleiterin ab Juli versetzt wird.
Ein Wiederkehr-Sprecher dazu: „Im Zuge einer Pensionierung in einem anderen Bezirk wird ein Regionalleitungsposten im Laufe des Jahres frei. Nach Bekanntwerden der Vorfälle wurde beschlossen, die Regionalleitung mit sofortiger Wirkung von Penzing abzuziehen.“
Zum Vorwurf der Vertuschung betont man, dass der Stadtrat unmittelbar Maßnahmen ergriffen habe, nachdem er von den Vorwürfen Kenntnis erlangt habe.
Maßnahmen
Am Dienstag nahm Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Gemeinderat Stellung: Nach dem Auftreten des ersten Verdachtsfalls seien die MA10 und die MA11 eingeschaltet worden. Nach Abwägung aller Aspekte habe man zunächst nicht alle Eltern informiert. „Ich werde alles daran setzen, das Vertrauen der Eltern wiederherzustellen“, betont er und verweist auf die nun eingeleiteten Maßnahmen.