Krankenhaus Nord sucht dringend Kinder- und Jugendpsychiater
Von Josef Gebhard
Eine Wohnküche, in der die jungen Patienten gemeinsam kochen können, ein Sensorik-Raum mit Schaukeln, mit deren Hilfe bewegungseingeschränkte Kinder und Jugendliche trainieren können. Und ein eigener kleiner Turnsaal, wo die Patienten bei Ballspielen ihr soziales Gespür schärfen können. All das bietet die neue Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, die vor Kurzem im neuen Krankenhaus Nord (KHN) eröffnet wurde.
Bereits jetzt werden hier täglich 15 bis 20 Patienten ambulant versorgt. Jeweils drei sind für je ein bis zwei Wochen in tagesklinischer Behandlung. Sie verbringen die ganze Woche oder einige Tage pro Woche untertags hier, übernachten aber daheim. Im Endausbau im Herbst sollen dann im KHN insgesamt 24 zusätzliche Behandlungsplätze zur Verfügung stehen.
Ein Ausbau, der dringend notwendig ist. Ließ doch die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren in Wien massiv zu wünschen übrig. Vereinzelt mussten mangels Kapazitäten junge Patienten sogar auf Erwachsenen-Stationen untergebracht werden.
Seit einem Jahr baut die Stadt das Angebot aus: Auch in Hietzing kamen 14 neue Plätze dazu. Für Ende des Jahres sollen es insgesamt Wien-weit 124 (inklusive Tageskliniken) sein, rechnet Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin im Krankenanstaltenverbund (KAV) vor. Ein weiterer Ausbau ist im AKH und im SMZ Süd vorgesehen. Denn insgesamt bräuchte Wien laut Österreichischem Strukturplan Gesundheit 150 bis 160 Plätze.
Trotz Betreuung auf modernstem Niveau ist aber auch im KHN nicht alles eitel Wonne. Der von der Ärztekammer anhand ihrer Berechnungen zuletzt angenommene Ärztemangel ist auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie Realität: Derzeit fehlen drei Fachärzte auf der Abteilung, auf der momentan vier Ärzte und sechs Assistenzärzte arbeiten. Nur wenn die fehlenden Mediziner in den nächsten Monaten rekrutiert werden können, kann wie geplant im Herbst neben Ambulanz und Tagesklinik auch der stationäre Betrieb starten. Fix ist laut Kölldorfer erst eine Fachärztin, die im Oktober ihren Dienst beginnen wird.
Schuld am Engpass ist laut Michael Binder, Medizinischer KAV-Direktor, dass es auf dem Markt schlichtweg zu wenig Kinder- und Jugendpsychiater gibt. „Auch außerhalb der Spitäler gibt es viel zu wenige, die einen Kassenvertrag haben“, sagt Binder. In ganz Wien seien es gerade einmal sechs.
Laut Binder gebe es zwar genug junge Menschen, die sich für das Fach interessieren würden, „die rigiden Ausbildungsrichtlinien lassen dann aber ein Nadelöhr entstehen“. Deshalb kämpft man für eine Änderung des Ausbildungsschlüssels. Derzeit darf zwar ein Abteilungsvorstand drei angehende Kinder- und Jugendpsychiater betreuen, jeder weitere Facharzt aber nur einen. „Unser Ziel ist es, vorübergehend auf einen Schlüssel von eins zu zwei bis vier zu kommen – wie er in anderen Ländern schon üblich ist“, sagt Binder. So ließe sich die Zahl der Kinder- und Jugendpsychiater in Wien von derzeit 70 bis 2030 verdoppeln.