Chronik/Wien

Inklusion in der Kunst: Wiener Graffitis erstmals auch barrierefrei

Kunst für alle – wirklich für alle – ist das Ziel der ersten barrierefreien Graffitis Wiens. Die bereits bestehenden Wandmalereien im Karl-Farkas-Park in der Burggasse sind nun nachträglich mit 3-D-Tafeln ausgestattet worden, die die Bilder erfühlbar machen sollen. Damit können die Kunstwerke nun auch von blinden Menschen bewundert werden.

"Wir waren selbst blind, weil wir dachten, dass unsere Kunst schon für alle ist", sagt ein Street-Art-Künstler bei der Präsentation der neuen Platten. Dabei habe man aber eine Gruppe Menschen übersehen, nämlich jene mit Sehbeeinträchtigungen. 

Manche Bildaspekte müssen prägnanter sein

Mit den von der Initiative Zero Project und dem Bezirk Neubau angebrachten Inklusionstafeln können auch blinde Menschen an Street-Art teilhaben. Die Herstellung dieser Tafeln sei an sich ganz einfach, sagt Robin Tim Weis, von Zero Projekt. Mit einem Handy seien Fotos von den Graffitis erstellt worden, anschließend habe eine Firma die 3-D-Drucke hergestellt. Vor dem Druck seien blinde und sehschwache Menschen eingebunden worden, um die Qualität der Tafeln sicherzustellen. "Zentral ist nämlich, dass die Drucke nicht eins zu eins die Bilder an den Wänden widerspiegeln", sagt Weis. "Damit die Tafeln gut erfühlbar und verständlich sind, müssen manche Bildaspekte prägnanter dargestellt werden als sie auf dem Graffiti sind."

Alle Inhalte anzeigen

Die 3-D-Tafeln seien außerdem in Farbe, um die Kunst spielerisch auch Kindern zugänglich zu machen. Eine Beschreibung in Blindenschrift und ein QR-Code mit Audio-Informationen vervollständigen die barrierefreien Graffitis.

Belgrad als Vorbild

Abgeschaut hat man sich die barrierefreien Graffitis aus Belgrad, wo die Erfahrung bereits gezeigt hat, dass diese Art der Übersetzung für seheingeschränkte Menschen gerne übernommen wird. "Auch blinde und sehschwache Menschen flanieren gerne", sagt Weis.

Mehr lesen: Die Zeichen der Zeit: Graffiti & Street-Art

Glücklich über die neue Street-Art zeigt sich auch Neubaus Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne). "Der öffentliche Raum ist für alle da. Die taktile Darstellung der Murals steht für mich daher auch stellvertretend für unser Ziel, den öffentlichen Raum gemeinsam und gerecht für alle zu gestalten." Wenn sich die Stadt für das Konzept gewinnen lasse, sei Reiter dafür, das Projekt weiter fortzusetzen. 

Die Finanzierung

Die Finanzierung der ersten Tafeln, die jetzt in der Burggasse angebracht wurden, wurde von Coca Cola übernommen. Die Kosten der barrierefreien Graffitis lassen sich laut Zero Project auf ungefähr 1.000 Euro pro A4-Blatt beziffern. Die Platten in der Burggasse sind etwas kleiner.