Chronik/Wien

Die fünf gefährlichsten Situationen für Radfahrer in Wien

Sie wollte gerade zur Radparade fahren, als Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Sonntag von einem Auto abgeschossen wurde. Der Autolenker kam aus einer Hausausfahrt und übersah die Spitzenpolitikerin. Vassilakou kam mit Abschürfungen und Prellungen davon, ihr Rad jedoch ist völlig verformt. Doch wie sicher ist Radfahren in Wien? Hier die fünf gefährlichsten Situationen für Radfahrer – mit Lösungsansätzen.

1. Hausausfahrten

Egal ob der Radfahrer auf einem Radweg unterwegs ist, so wie Vassilakou, oder ganz normal auf der Straße radelt. Hausausfahrten sind vor allem bei dichter Verparkung ein Problem. „Es fehlen die Sichtbeziehungen“, sagt Alec Hager, Sprecher der Radlobby Österreich. Man könnte diese aber leicht verbessern, indem man direkt neben den Ausfahrten Parkplätze wegnimmt. Zusätzlich können Radpiktogramme vor den Ausfahrten den Autofahrer auf Radler hinweisen. „Das wären zwei sehr billige Maßnahmen mit großer Wirkung“, sagt Hager.

2. Kreuzungen

Oft werden auch auf Wunsch der Bezirke Parkplätze zu nah an Kreuzungen markiert. Vorgeschrieben wären fünf Meter Abstand, doch wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, entdeckt in wenigen Minuten dutzende Fälle, wo der Mindestabstand nicht eingehalten wird. Auch hier wäre mit wenig Aufwand mehr Sicherheit möglich.

3. Enge Mehrzweckstreifen entlang von geparkten Autos

Der Albtraum eines jeden Radfahrers: Das sogenannte Dooring. Man radelt eng an parkenden Autos vorbei und auf einmal geht eine Autotür auf. Besonders problematisch in engen Gassen, wo der Radfahrer auch noch von Autos überholt wird. Da bleiben links und rechts oft nur wenige Zentimeter übrig. „Entweder schafft man hier eine ordentliche Radinfrastruktur in Form von Radwegen oder man verkehrsberuhigt die Straße“, sagt Hager. Also Tempo 30 und Einbahnunterbrechungen, damit das Tempo und die Anzahl der Kfz gedrosselt wird. Damit kann der Radfahrer mehr in der Mitte fahren und wird nicht an den Rand gedrängt.

4. Schrägparker

Rückwärts ausparkende Schrägparker sind ebenfalls ein Unsicherheitsfaktor lässt. Denn der Autofahrer kann kaum sehen, ob links oder rechts hinter ihm ein Radler kommt. Vor allem wenn neben ihm ein Kastenwagen parkt. Lösung: Weniger Schrägparker und Unterbrechungen durch Grüninseln.

5. Radstreifen, die im Autoverkehr enden

Paradebeispiele sind der Getreidemarkt oder die Währinger Straße. Hier enden Radstreifen einfach im Nichts, der Radfahrer muss sich auf einmal in den Autoverkehr einreihen. „Problematisch ist, dass das vor allem dort vorkommt, wo die Straße schmäler wird“, sagt Hager. Hier brauche es eine Änderung der StVO – hin zu einem Reißverschlusssystem, das dem Radfahrer Zeit gibt, sich einzuordnen.

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Arme Stadträtin. Ausgerechnet auf dem Weg zur sonntäglichen Radparade am Ring wird Maria Vassilakou, die in Wien konsequent für weniger Auto und mehr Rad eintritt, von einem Autofahrer gerammt. Sie hat dabei Glück im Unglück, kommt mit leichten Verletzungen davon. Ihr Unfall, einer von rund 900 pro Jahr in Wien, wirft jedoch schmerzliche Fragen auf.

Ich fahre im Sommer wie im Winter durch Wien mit dem Rad. Bin ich mir dabei immer bewusst, wie sehr ich damit mein Leben riskiere? Eine kurze Unachtsamkeit auf einem Radstreifen, plötzlich geht die Tür eines parkenden Autos auf, und den Rest will man sich gar nicht mehr ausmalen.

Wenn mein Bankberater meinen Radhelm erspäht und automatisch auf die Unfallversicherung zu sprechen kommt, kontere ich mit der Statistik Austria: 2014 verunglückten in Wien drei Radfahrer tödlich, im Vorjahr waren es zwei. Das ist natürlich schade um jeden einzelnen, dennoch ist festzuhalten: Rad fahren in Wien ist sicherer als auf dem Land und in vielen anderen Städten Europas.

Mein Rad wäre natürlich noch weit weniger gefährlich, wenn man die Frau Vassilakou im Rathaus mehr schalten ließe. Noch immer radle ich durch viele Wiener Grätzl im Pulk mit Autofahrern (die rücksichtsvoller sind als noch vor 25 Jahren). Noch immer gibt es in Wien viel zu wenige Radwege und Radrouten. Und noch immer fahren zu wenige Menschen mit dem Rad.