Chronik/Wien

Das heimliche Zentrum Wiens - und warum es mehr Geld braucht

Markus Reiter und Markus Rumelhart treffen einander an der Grenze – an ihrer gemeinsamen Grenze, der Mariahilfer Straße.

Und dieses Treffen zwischen dem grünen Bezirksvorsteher des 7. Bezirks und dem roten Bezirksvorsteher des 6. Bezirks hat Seltenheitswert. Die beiden versuchen sich regelmäßig zu übertrumpfen, besonders jetzt im Wahlkampf sind sie nicht so gut aufeinander zu sprechen.

Zumindest nicht so gut, dass sie gemeinsam für ein Foto mit Faustschlag posieren würden. Nun machen sie aber eine Ausnahme.

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Seit Neuestem wollen die beiden nämlich nicht mehr nur in den Wettbewerb zwischen den beiden wohl urbansten Bezirken Wiens treten, sondern sich gemeinsam für eine Sache einsetzen: „Die Mariahilfer Straße muss als Wiens neues Stadtzentrum gelten und deshalb höhere Förderungen bekommen“, sagt Rumelhart.

Von den Wienerinnen und Wienern werde das längst so wahrgenommen.

Gemeinsam statt einsam

Damit beide Bezirke im Umkreis dieses neuen Zentrums Stadtgestaltungsprojekte umsetzen können, sollen Förderungen der Stadt bezirksübergreifend ausbezahlt werden – und nicht nur in jeweils einem Bezirk für jeweils ein Projekt und das aus nur einem Ressort im Rathaus.

Das könnten die beiden Bezirkschefs gleich für ihr aktuelles gemeinsames Projekt brauchen: die Verkehrsberuhigung von Zollergasse (7.) und Nelkengasse (6.).

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Es soll ein „Spazierweg“ werden, mit Ankunft im neuen „Cooling-Park“ Mariahilfs, dem Esterházypark. Dass Reiter um Rumelhart gemeinsame Sache machen, wird ihnen nicht nur Lob aus den eigenen Parteien bringen. Das wissen sie auch.

Wasserspiel und Bäume

Die Pläne für die Zollergasse sind schon sehr konkret: Der Teil von der Mariahilfer Straße bis zur Post wird nächstes Jahr in eine Fußgängerzone umgebaut, das Stück weiter bis zur Lindengasse in eine Begegnungszone.

Die gesamte Straßenfläche wird durchgängig gepflastert, acht Bäume kommen in die Mitte. Dazwischen sind Bereiche für Schanigärten vorgesehen.

In der Begegnungszone bleibt auf Seite der ungeraden Hausnummern genug Platz, sodass dort Autos fahren können. Möglich sein wird das (wegen der Fußgängerzone) von der Lindengasse kommend bis zur Post, dort ist ein Wendeplatz geplant. 34 Parkplätze fallen weg.

Entlang der Gasse ist eine Wasserrinne mit Fontänen angedacht. In den kommenden Tagen werden die Bewohner per Brief eingeladen, dem Bezirk ihre Ideen und Anregungen für die Gasse mitzuteilen.

Diese sind insbesondere für drei Bereiche gefragt: eine Fläche in der Mitte und zwei an der Mündung zur Mariahilfer Straße. Wie sie genutzt werden sollen, ist noch offen.

Eine große Bürgerversammlung wird wegen Corona nicht stattfinden. Die Bewohner können sich aber mit der Bezirksvorstehung Termine ausmachen, um das Vorhaben persönlich zu besprechen.

Der nächste Schritt

Die Zollergasse ist nach der fast fertigen Begegnungszone in der Neubaugasse (zwischen Mariahilfer Straße und Burggasse) der nächste Schritt in der Weiterentwicklung des Siebensternviertels.

Sobald der U-Bahn-Bau abgeschlossen ist, soll auch die restliche Zollergasse verkehrsberuhigt werden. Und die Siebensterngasse könnte zwischen Zollergasse und Kirchengasse eine Begegnungszone werden - wodurch der Siebensternplatz größer werden würde.

Bürger entscheiden

In der Nelkengasse will Rumelhart die Bäume in die Mitte eingerückt und jeweils schräg gegenüber pflanzen. Das vergrößere den Schatten der Baumkronen, Radfahrer sollen so eingebremst werden.

Das Niveau von Gehsteig und Straße soll angeglichen werden, die Fläche soll neu gepflastert werden.

Dafür werden Parkplätze wegfallen. Wie viele es sein werden, will Rumelhart in einem Bürgerbeteilungsverfahren mitentscheiden lassen. Ob die Nelkengasse am Ende eine Fußgänger- oder eine Begegnungszone wird, lässt er offen. Details werde die Bürgerbeteiligung zeigen.

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Jedenfalls soll das gesamte Amerlinggrätzel verkehrsberuhigt werden, auch die Windmühl- und die Capistrangasse. Die Barnabitengasse wird begrünt.

Dass Reiter und Rumelhart für ihr Projekt gemeinsam auftreten, könnte – was Umgestaltungen betrifft – Vorbild für andere Bezirke sein.

„Es braucht bezirksübergreifende Fördertöpfe“, sagt Reiter. Das wäre für den 7. Bezirk an einer weiteren Grenze spannend, an der zum 8. Bezirk: auf der Lerchenfelder Straße.

Das Schwierige sei in der Regel die gemeinsame Finanzierung. Da schrammen die Bezirke schnell an der finanziellen Grenze des Machbaren.