Chronik/Wien

Causa Wienwert: Stadtrechnungshof kritisiert Wiener Linien

Wenig schmeichelhaft fällt ein aktueller Stadtrechnungshofbericht aus, der die Rolle der Wiener Linien in einem fragwürdigen Immobilien-Deal ausleuchtet. Die Causa rund um das mittlerweile insolvente Unternehmen Wienwert und den Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) war 2021 bekannt geworden und beschäftigt auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Grundstück für 1,3 Millionen

Wie berichtet hatte eine Tochter der Wienwert im Oktober 2017 ein Grundstück in der Attemsgasse um 1,3 Millionen Euro gekauft, nur um es wenige Monate später um 850.000 Euro teurer an die Wiener Linien weiterzuverkaufen, die das Grundstück damals dringend für den Ausbau ihrer Remise benötigte.
 

Nevrivy wird vorgeworfen, die Wienwert schon Anfang 2017 über den Grundstücksbedarf der Wiener Linien informiert zu haben, wodurch das Unternehmen den lukrativen Deal abschließen konnte. Als Gegenleistung soll der Bezirksvorsteher laut Vorwurf ein Sponsoring über 30.000 Euro von Wienwert für die Band „Wiener Wahnsinn“ verlangt haben.

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Inzwischen sind die Ermittlungen der WKStA (u.a. Vorwurf der Bestechlichkeit) gegen Nevrivy, der (wie auch der damalige Wienwert-Vorstand) alle Vorwürfe bestreitet, abgeschlossen. Ein Vorhabensbericht sei an die Oberstaatsanwaltschaft ergangen, heißt es auf KURIER-Anfrage.

Rolle der Wiener Linien

Der Stadtrechnungshof nahm indes den Kauf des Grundstücks durch die Wiener Linien unter die Lupe. Laut Bericht trat man bereits im März 2017 an die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks heran und deponierte die Kaufabsicht. Ein Gutachten ergab im November 2017 einen Verkehrswert von 1,30 Millionen Euro. Doch die hatte bereits kurz davor, im Oktober 2017, die Liegenschaft um dieselbe Summe an die Wienwert-Tochter verkauft.

Kauf im dritten Anlauf

Die Wiener Linien versuchten in Folge zwei Mal vergeblich, das Grundstück von Wienwert zu kaufen. Das erste Angebot lag bei 1,4 Millionen Euro, das zweite bei 1,79 Millionen Euro. Erst als man im Juli 2018 2,15 Millionen Euro anbot, willigte das Unternehmen ein.

Die Wiener Linien hatten stets beteuert, der Preis hätte sich noch innerhalb des vom Gutachten vorgegebenen Rahmen bewegt, wenn auch im oberen Bereich. Dem widerspricht nun der Stadtrechnungshof: Der Kaufpreis sei letztlich rund 20 Prozent über der erweiterten Höchstgrenze des Verkehrsgutachtens angesetzt gewesen, heißt es im Bericht. Er sei damit „unter Nichtberücksichtigung des Remisengesamtprojekts als unwirtschaftlich“ zu bezeichnen.

Die Prüfer kritisieren weiters, dass vom Auftrag zum Kauf der Liegenschaft bis zum Vorliegen des Verkehrswertgutachtens zu viel Zeit verstrichen sei. Die entsprechenden Abläufe seien zu beschleunigen, heißt es. Zudem sei bei derartigen Projekten möglichst früh der Immobilienerwerb durchzuführen und zeitgerecht dazu ein eisenbahnrechtliches Bauverfahren als Grundlage für ein allfällig erforderliches Enteignungsverfahren zu beantragen.  

Wiener Linien verteidigen sich

Bei den Wiener Linien heißt es: „Bei Projekten dieser Größenordnung lässt es sich nicht ausschließen, dass es bei Flächen, die von den Wiener Linien benötigt werden, rasche Eigentümerwechsel gibt. Die Wiener Linien halten fest, dass der letztlich für das Grundstück in der Attemsgasse 4 bezahlte Kaufpreis zwar etwas höher war als erwartet, aufgrund der Dringlichkeit der Remisenerweiterung aber rechtzufertigen ist.“

Und weiter: „Selbstverständlich kommen die Wiener Linien der Empfehlung des Rechnungshofs nach, die internen Prozesse noch weiter zu optimieren. Die Wiener Linien haben bereits 2017 einen verbesserten Prozess eingeführt, der seither laufend weiterentwickelt wird.“

ÖVP ortet rote "Falschaussagen"

Beantragt hat die Prüfung die Wiener ÖVP: „Unser Prüfersuchen an den Stadtrechnungshof hat nun die notwendige Klarheit rund um einen Grundstücksdeal im Jahr 2018 an die Wiener Linien gebracht. Damit ist auch eine Schädigung des Steuerzahlers nachgewiesen“, sagt Klubobmann Markus Wölbitsch.

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"Es wird vor allem auch eine Falschaussage der Wiener SPÖ belegt, die im Zuge der Causa stets von einem marktadäquaten Preis gesprochen hat“, so Wölbitsch weiter: „Wir gehen nun davon aus, dass die Wiener Linien ihren Versprechungen Folge leisten und aufgrund des erlittenen finanziellen Nachteils die entsprechenden rechtlichen Schritte einleiten. Hier ist endlich auch eine umfassende Aufklärung der Stadtregierung vonnöten. Auch die Rolle von SPÖ-Bezirksvorsteher Nevrivy muss in dieser Causa geklärt werden.“