Amokfahrt in Münster: Kleintransporter rast in Menschenmenge
- In der Altstadt von Münster fuhr am Samstagnachmittag ein Kleintransporter in eine Menschenmenge.
- Insgesamt kamen drei Menschen ums Leben, mindestens 30 Menschen wurden verletzt.
- Der mutmaßliche Täter erschoss sich nach der Amokfahrt.
- Einen terroristischen Hintergrund konnte die Polizei am Abend ausschließen.
- Bei dem Täter handelt es sich wohl um einen 48-Jährigen aus dem Sauerland.
Mehrere Hubschrauber, Polizisten in Sturmmasken, schwer bewaffnet, mit Maschinengewehren im Anschlag: Die pittoreske Innenstadt von Münster wurde am Samstagnachmittag zum traurigen Schauplatz eines Großeinsatzes der Polizei. Der Grund dafür ließ Erinnerungen an den Terror-Anschlag in Berlin, bei dem im Dezember 2016 zwölf Menschen ums Leben kamen, wach werden: Um 15.27 Uhr raste ein Kleintransporter in eine Menschenmenge im historischen Kern der Stadt im Norden Nordrhein-Westfalens. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, 30 wurden verletzt - sechs davon lebensgefährlich.
Täter ist 48-jähriger Mann aus dem Sauerland
Unter den Toten ist auch der Täter. Er hat sich nach der Amokfahrt selbst erschossen. Die deutsche Bild-Zeitung schrieb schon am Nachmittag von einem "Lkw-Anschlag", zu den Hintergründen der Tat gab es jedoch bis in den Abend hinein keine gesicherten Erkenntnisse. Gegen 20.30 Uhr gab es dann die ersten offiziellen Informationen über die Hintergründe: Der Täter sei ein deutscher Staatsbürger, es gebe keinen Hinweis auf ein islamistisches Motiv, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul am Samstagabend in Münster.
Der Täter sei "nach jetzigem Stand der Ermittlungen ein Deutscher Staatsbürger gewesen und nicht - wie überall behauptet wird - ein Flüchtling oder ähnliches", sagte der christdemokratische Politiker. Einem Medienbericht zufolge handelt es sich bei dem Täter um den 48-jährigen Jens R.. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass der Mann am 1. Mai 1969 im sauerländischen Olsberg geboren worden sei, aber schon lange in Münster gelebt habe. Er habe in einer Wohnung in der Nähe des Tatorts gewohnt. Nach der Tat hatte er sich Polizeierkenntnissen zufolge erschossen.
Sicherheitskreisen zufolge ist der mutmaßliche Täter psychisch krank. Darauf deute vieles hin, hieß es in den Kreisen.
"Verdächtiger Gegenstand"
Die Details und ein mögliches Motiv würden noch untersucht, sagte Landes-Innenminister Reul. Es werde in alle Richtungen ermittelt. "Sobald gesicherte Informationen vorliegen, und nicht nur Gerüchte oder Hinweise, werden sie bekanntgegeben." Nach der Tat hatten umgehend Spekulationen über einen islamistischen Terroranschlag eingesetzt, von einer Bombe im Lastwagen und zwei flüchtigen Insassen war die Rede. Die Polizei rief die Bürger über Twitter laufend auf, keine Gerüchte zu verbreiten.
In Sicherheitskreisen hatte es zunächst geheißen, das Szenario sei so, dass man einen Anschlag nicht ausschließen könne. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte die Polizeisprecherin später. Polizei und Sanitäter seien mit allen verfügbaren Kräften an Ort und Stelle. Der Bürgermeister von Münster, Markus Lewe, sagte ebenfalls, dass die Hintergründe der Tat noch unklar seien. "Ganz Münster trauert über dieses schreckliche Ereignis", sagte er vor Journalisten.
Am Abend wurde die Wohnung des mutmaßlichen Täters nach Sprengstoff durchsucht.
Die Tat ereignete sich im Gastgarten des Traditionsgasthauses "Großer Kiepenkerl" mitten in der Münsteraner Altstadt. Dieser war am Samstagnachmittag wegen des frühlinghaften Wetters stark frequentiert. Dass sich die Tat an dem beliebten Treffpunkt ereignete, gab Spekulationen über einen möglichen Anschlag Auftrieb. Der Platz rund um das Standbild eines reisenden Händlers aus dem Münsterland ist auch eine Touristenattraktion.
Bestürzung und Mitgefühl
Deutsche Spitzenpolitiker zeigten sich entsetzt und sprachen den Opfern und Angehörigen ihre Anteilnahme aus. "Die Meldungen, die uns aus Münster erreichen, sind entsetzlich", erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Samstag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich "zutiefst erschüttert" von den "schrecklichen Geschehnissen". Es werde nun "alles Denkbare zur Aufklärung der Tat und zur Unterstützung der Opfer und ihrer Angehörigen getan", versicherte sie.
Auch die österreichische Spitzenpolitik äußerte ihr Mitgefühl mit den Betroffenen. "Schreckliche Nachrichten aus Münster", twitterten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Oppositionsführer Christian Kern (SPÖ) gleichlautend. "Tief betroffen" zeigte sich auch der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont, der sich wegen des laufenden Auslieferungsverfahrens nach Spanien in Berlin aufhält. "Mein ganzes Mitgefühl und Solidarität den deutschen Bürgern, den Vertretern vor Ort und der Bundesregierung", twitterte er auf Deutsch.
Zwischenfall in Cottbus
Auch wenn nichts auf einen terroristischen Hintergrund hinweist, so weckt das ganze Szenario doch Erinnerungen an den Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 bei dem zwölf Personen starben. Damals war ein Attentäter mit einem gekaperten Sattelschlepper in den Markt gerast. Die Tat hatte die islamistische Terrorgruppe Islamischer Staat für sich reklamiert. Der Täter konnte damals entkommen und wurde in Italien gestellt und erschossen.
Seit Jahren hatten sich in ganz Europa immer wieder Amokfahrten ereignet. Hinter dem Steuer hatten dabei überwiegend Islamisten gesessen. Vor allem in Großbritannien aber hatten sich auch Neonazis diese Terrortaktik zu eigen gemacht.
Einen solchen möglichen Vorfall untersucht auch die deutsche Polizei. In der Nacht auf Samstag hatte jemand in Cottbus ein Auto in eine Gruppe von Menschen gesteuert und war geflohen. Zwei Menschen wurden verletzt. Verdächtigt wird ein junger Mann, der zuvor alkoholisiert Polizisten beleidigt und rechtsextreme Parolen von sich gegeben hatte.