Maddie: Kein Beweis, dass sie tot ist - Verdächtiger noch nicht verhört
Von Johanna Hager
Kaum ein Tag vergeht ohne Spekulationen - seitdem gegen Christian B. (43), mehrfach vorbestraft und derzeit hinter Gittern, im Fall Madeleine McCann ermittelt wird.
B. wird verdächtigt, mit dem Verschwinden von Maddie im Mai 2007 in Portugal in Verbindung zu stehen. Es wird gegen ihn wegen Mordes ermittelt. Mehr noch: Es gibt weitere, unaufgeklärte Fälle, die nun seinetwegen teils neu aufgerollt werden. Im Fall der 2015 im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt verschwundenen Inga sieht die Staatsanwaltschaft Stendal indes keine Hinweise auf eine Beteiligung von B.
Es gibt allerdings auch keine Beweise dafür, dass Maddie nicht mehr am Leben ist. Das hatte aber Staatsanwalt Hans Christian Wolters vor zehn Tagen gesagt. "Wir gehen davon aus, dass das Mädchen tot ist", so Wolters am 5. Juni.
Jetzt sagt Wolters dem britischen Mirror: "Das war nur meine persönliche Meinung, Spekulation". Es gebe keine Beweise für den Tod des Kindes. Deshalb gebe es auch "ein kleines bisschen Hoffnung". In dem Mirror-Gespräch zeigt sich Wolters insoferne überrascht über die Reaktionen in Großbritannien, nachdem in Deutschland von "Mordermittlungen" die Rede ist: "In Deutschland ist es normaler, dass wir in einem Fall wie diesem einen Mord untersuchen."
Der Staatsanwalt erklärt in dem Gespräch auch, warum die Polizei den Verdächtigen B., noch immer nicht verhört hat. Man wolle dadurch verhindern, dass mögliche Zeugen beeinflusst werden könnten. Es sei noch nicht der richtige Zeitpunkt für ein Verhör, weil die Beweise noch nicht ausreichen würden. Die Beweise seien zwar stark, aber noch nicht stark genug. Geht es nach Wolters, dann ist davon auszugehen, dass B. nicht sagen wird, dass er es war. Deshalb müssen wir ihm unsere Beweise vorlegen.
Zeugenladung für B.
Erst am Freitag berichtete der Spiegel, dass B. im Jahr 2013 von der Kriminalpolizei Braunschweig durch eine Zeugenladung über Verdachtsmomente der Behörden gegen ihn informiert worden. Das berichtete das Magazin am Freitag unter Berufung auf das ihm vorliegende damalige Schreiben.
2013 war bei den deutschen Behörden nach deren Angaben erstmals ein vertraulicher Hinweis auf den Mann eingegangen. Vorangegangen war die Ausstrahlung einer Folge der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst", in welcher der Fall der dreijährigen Madeleine "Maddie" McCann behandelt wurde. Das Mädchen war 2007 aus der Ferienwohnung ihrer Familie an der Algarve verschwunden, der Fall wird bis heute weltweit mit großer Anteilnahme verfolgt.
Verdächtiger mehrfach vorbestraft
Der Verdächtige lebte damals in Braunschweig. Laut Spiegel-Bericht bat das Bundeskriminalamt (BKA) die dortige Kriminalpolizei nach Eingang des Hinweises um nähere Informationen zu dem Mann. Ein Beamter schickte diesem demnach eine Zeugenladung zu, in der als Grund unter anderem "die Vermisstensache Madeleine McCann" angegeben war. Ob die Vernehmung stattfand, schrieb der Spiegel nicht. Dem Bericht zufolge wollten sich weder die Behörden noch der Anwalt des Mannes zu diesem mehrere Jahre zurückliegenden Vorgang äußern.
Offiziell ermittelt wird gegen den wegen Sexualdelikten mehrfach vorbestraften Deutschen im Fall Maddie erst seit etwa einer Woche. Anfang Juni gaben das Bundeskriminalamt sowie die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Braunschweig bekannt, dass sie den 43-Jährigen des Mordes an dem Mädchen verdächtigen. Er lebte damals regelmäßig an der Algarve und soll dort Einbrüche in Ferienanlagen begangen haben. Der Mann sitzt derzeit in anderer Sache in Kiel im Gefängnis.