Deutschlands intelligentester Hochstapler kommt vor Gericht
Von Frank Christiansen, dpa
Der notorische Hochstapler Marc G. steht am 31. August in Düsseldorf wieder einmal vor Gericht. Sein Leben ist das eines intelligenten Prahlers, dabei ist er erst 33 Jahre alt.
Der Fall des Hochstaplers in Piloten-Uniform erinnert an eine historische Vorlage: Frank W. Abagnale narrte als falscher Pilot halb Amerika und wurde in Hollywood von Leonardo DiCaprio in „Catch Me If You Can“ (2002) in Szene gesetzt. Ob Marc G. sich von dem Streifen inspirieren ließ, blieb offen. Allerdings taucht DiCaprio im Facebook-Auftritt des Angeklagten auf.
Er betrog auch seinen Rechtsanwalt
Als Staatsanwalt „Tassilo von Hirsch“ zog Marc G. durch die Lande, als Arzt oder als Pilot: Er betrog sogar seinen eigenen Rechtsanwalt und seine Mutter. Bis ihn die Justiz für einige Zeit aus dem Verkehr zog.
Laut jüngster Anklage wurde bei ihm ein gefälschter Richter-Ausweis entdeckt. Zudem soll der Angeklagte von einem Geschäftsmann 120.000 Euro ergaunert haben. Als Finanzmakler neu im Geschäft benötige er die Summe als Anschubfinanzierung, soll er ihm glauben gemacht haben. Doch laut Staatsanwaltschaft gab es nie die Absicht, das Geld zurückzuzahlen.
Viel Luxus, Geld und schöne Frauen
„Ich war der Prahler, der im Mittelpunkt stand, Champagner ausgegeben und das Geld rausgelassen hat“, hatte Marc G. in einem früheren Verfahren gestanden. In Düsseldorfer Nobel-Clubs, Bordellen und beim Shopping auf der Königsallee habe er eine sechsstellige Summe verprasst. Der Facebook-Auftritt des Angeklagten spricht Bände: Viel Luxus, Geld und schöne Frauen.
Die Menschen, die nähere Bekanntschaft mit dem Mann aus Ratingen machten, berichten, dass er für die Realisierung seines Lebensstils wenig zimperlich sei: Es sei „wirklich unfein“ gewesen, für die Telefonate mit Sex-Hotlines ausgerechnet das Konto seiner Anwaltskanzlei anzugeben, hatte ein früherer Anwalt von Marc G. gesagt. Aber es zeige: Je dreister der Betrug, desto größer sei für ihn der „Kick“. Für den Betrug am eigenen Anwalt hatte er einfach dessen Kontodaten vom Briefpapier verwendet.
Der Aushilfskellner verschonte sogar seine eigene Mutter nicht, wenn es darum ging, unter falschem Namen online zu shoppen. Auf 38 Alias-Namen kam die Staatsanwaltschaft. Zu drei Jahren und neun Monaten Haft hatte das Landgericht den Ratinger 2016 verurteilt. Da war er bereits mehrfach vorbestraft.
Callgirl aus Berlin eingeflogen
Als besonders verwerflich hatten Staatsanwältin und Gericht damals hervorgehoben, dass er unter falschem Namen eine Prostituierte per Flugzeug aus Berlin nach Düsseldorf beordert hatte, um sie dann um Lohn und Spesen zu prellen. Mehrere Stunden war ihm das Callgirl mit verbundenen Augen zu Diensten. Die versprochenen 10.000 Euro sah sie natürlich nicht.
Die Richterin hatte die Unverfrorenheit des Wiederholungstäters hervorgehoben: „Die deutlichen Warnzeichen der Justiz haben Sie ständig missachtet“, sagte sie. Seine Erfahrungen mit der Justiz scheinen Marc G. tatsächlich eher inspiriert zu haben: Nachdem er früher als falscher Arzt, Pilot und Diplomat sein Unwesen trieb, trat er plötzlich als Staatsanwalt „Tassilo von Hirsch“ auf.
Nun also ein gefälschter Richterausweis mit dem Konterfei des Angeklagten. Hinweise dafür, dass er den Ausweis bereits eingesetzt hat, hat die Staatsanwaltschaft allerdings nicht.
Graf von Falkenstein
Schon 2013 war der geltungsbewusste junge Mann zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Amtsgericht sprach ihn wegen 56 Fällen von Betrug und Titelmissbrauch schuldig. Mal trat er als „Graf von Falkenstein“ auf, mal als Facharzt „Dr. Dr. Petermeier“. So hatte er für sich und seine Freundin jeweils einen Porsche bestellt, obwohl er nahezu mittellos war. Eine 6.000 Euro teure Pilotenuniform sollte darüber hinwegtäuschen.
Keine verminderte Schuldfähigkeit
Spielzeugpistolen auf Rechnung des Bundesnachrichtendienstes und eine E-Mail an den Polizeipräsidenten als „Dr. h.c.“ - Marc G. bewies bei seinen Coups oft eine Portion Humor.
Vor Gericht erschien er mal sorgfältig frisiert, im vornehmen Anzug mit Krawatte. In einem der ersten Prozesse hatte ein Psychiater dem jungen Mann ein „Felix-Krull-Syndrom“ und verminderte Schuldfähigkeit attestiert - doch davon wollten spätere Gutachter und Gerichte nichts wissen.
Überdurchschnittlich intelligent, aber auch selbstsüchtig und „gewissensarm“ sei der junge Mann. Kein Wahn treibe ihn an, sondern bloß kriminelle Energie.
Kein Geständnis angekündigt
Während der inzwischen 33-Jährige in früheren Prozessen freimütig und kleinlaut gestand, ist damit diesmal nicht zu rechnen. Ein Geständnis werde es nicht geben, kündigte Verteidiger Marc Françoise an. Rechtlich könne man doch einiges anders werten, als die Staatsanwaltschaft das in ihrer Anklage getan habe.