Ungarn: 30 österreichische Polizisten im Einsatz gegen Schlepperei
Pro Woche kommen laut Innenministerium 500 bis 900 Asylwerber über die Grenze von Ungarn ins Burgenland. Um die Schlepperkriminalität einzudämmen sind seit Anfang September rund 30 Polizisten an sogenannten Schwerpunktaktionen an der Grenze auch auf ungarischem Staatsgebiet beteiligt. Das meldete das ORF-Radio Ö1 am Dienstag im Morgenjournal.
Rechtliche Grundlage für den „gemischten Streifendienst“ seien der Prümer Vertrag, der zwischen 13 der 27 EU-Staaten besteht, und ein Kooperationsvertrag zwischen Österreich und Ungarn. Über den Erfolg der Aktionen gibt es Zweifel.
Identitäten feststellen
Der Prümer Vertrag dient zur verstärkten Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch zum Zweck der Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität. Die österreichischen Polizisten dürfen laut dem Ö1-Bericht Personen auf ungarischem Boden anhalten, ihre Identität feststellen und sie durchsuchen. Für das Weitere müssen sie jedoch sofort die ungarische Einsatzzentrale informieren, die dann ungarische Beamte schickt. Es seien „Zwangsmaßnahmen“ nach ungarischem Recht möglich; Schusswaffen dürften die österreichischen Polizisten aber nur in Notwehr einsetzen.
Laut dem stellvertretenden Landesmilitärkommandanten des Burgenlandes, Raimund Wrana, hat der gemischte Streifendienst in Ungarn nur „kurzfristig“ und lokal begrenzt zu weniger illegalen Grenzübertritten geführt. Teils hätten sich diese weiter nach Süden verlagert. Zur verstärkten Grenzüberwachung Richtung Ungarn erbringt das Bundesheer im Osten einen Assistenzeinsatz.
"Gemischter Streifendienst"
Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität, sprach im Morgenjournal von „punktuell massiv“ weniger Aufgriffszahlen auf österreichischer Seite seit Anfang September, als die Schwerpunktaktionen an Hauptverkehrsrouten mit „gemischtem Streifendienst“ begannen. Die Schlepperorganisationen seien aber „sehr, sehr gut“ organisiert und setzten auch Drohnen zur Auskundschaftung ein. 80 Prozent aller irregulärer Migration nach Österreich komme via Ungarn.
Gefragt warum die Öffentlichkeit bisher nicht von den Einsätzen informiert wurde, obwohl das eigentlich im Dienstbefehl festgehalten ist, sagte Tatzgern, dass es keinen Grund dafür gäbe Informationen zurückzuhalten.
Laut Tatzgern versuchen derzeit viele Syrer und auch Afghanen, die sich schon länger auf dem Westbalkan aufhalten, nach Mitteleuropa zu kommen. Der Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei halte aber. Der Pakt von 2016 sieht unter anderem vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug übernehmen EU-Staaten syrische Schutzbedürftige geregelt und finanzieren Hilfen für in der Türkei lebende Flüchtlinge. Bisher wurden mehr als sechs Milliarden Euro bereitgestellt.
FPÖ kritisiert Maßnahmen
Die FPÖ nannte die Maßnahmen mit und in Ungarn „bestenfalls Symptombekämpfung“. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) betrieben „reine Augenauswischerei“, erklärten Bundesobmann Herbert Kickl und der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung in Reaktion auf den Radiobericht. „Unsere Polizisten und Soldaten leisten eine hervorragende Arbeit. Allerdings sind ihnen aufgrund politischer Unwilligkeit und Unfähigkeit die Hände gebunden. Viele Beamte sind frustriert, dass sie als Begrüßungskomitee eingesetzt werden und gleichzeitig sehen, dass sie keine Instrumente in die Hand bekommen, um die illegalen Migrationsbewegungen und die Schleppertätigkeiten wirksam zu verhindern“, sagte Amesbauer.
Polizeigewerkschafter kritisierten im Zusammenhang mit „dem gemischten Streifedienst“ im Ö1-„Mittagsjournal“ Personalengpässe: Andreas Hochegger, Vorsitzender der Christ-Polizeigewerkschafter im Burgenland, betonte, dass der Dienst zusätzlich zu allen anderen Aufgaben verrichtet werde. Man habe daher beantragt, dass auch Kollegen aus anderen Bundesländern in Ungarn patrouillieren. Ähnlich äußerte sich der Sozialdemokrat Hermann Greylinger.
Politische Bedenken
Sowohl Greylinger als auch Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich, hegen auch politische Bedenken gegen eine Zusammenarbeit mit Ungarn gerade in diesem Bereich: „Dass hier unter dem Deckmantel des Menschenhandels eine Kooperation angegangen wird, ist zumindest hinterfragenswert“, sagte Gahleitner-Gertz. Er verwies darauf, dass Österreich wegen unmenschlicher Behandlung keine sogenannten Dublin-Abschiebungen mehr nach Ungarn durchführe. Laut Gerichtsurteilen gebe es auch keine menschenrechtskonformen Asylverfahren im Nachbarland.