Umgepflügter Gletscher: Massive Eingriffe für den Skibetrieb
Von Christian Willim
Der meteorologische Herbst hat begonnen. In den heimischen Gletscherskigebieten laufen längst die Vorbereitungen für die Wintersaison. Der Sommer wird stets für Bauarbeiten genutzt. Und der Pitztaler Gletscher steht hier unter besonderer Beobachtung.
Wie berichtet, wurde dort von den Betreibern im Vorjahr bei Bauarbeiten auf einem Skiweg ein ganzer Berggrat abgesprengt. Aktuelle Bilder des WWF dokumentieren erneut massive Arbeiten auf dem Gletscher. Bagger pflügen die Eisfläche regelrecht um.
"Das schaut massiv aus und das ist es auch", sagt Raimund Waldner, Leiter der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Imst. Im Gegensatz zu dem illegal abgebrochenen Berggrat seien diese Arbeiten jedoch rechtskonform.
"Das ist von der Genehmigung der Skipisten umfasst. Gletscherspalten werden mit vorhandenem Eis zugebaggert. Das ist jährlich notwendig", sagt Waldner.
Es gehe darum, "einen sicheren Skibetrieb zu gewährleisten", heißt es von der Pitztaler Gletscherbahn. "Da der Gletscher ständig in Bewegung ist, bilden sich über die Sommermonate immer wieder neue kleine und größere Gletscherspalten." Diese zu verfüllen, sei seit Jahrzehnten in allen Tiroler Gletscherskigebieten üblich.
Nachbau der Gratkulisse
Mehrere hundert Meter weiter oben wurde inzwischen der zerstörte Berggrat von den Gletscherbahnen rekonstruiert. Das war eine Auflage für die nachträgliche Genehmigung der illegalen Bauarbeiten auf dem Skiweg.
Die Zerstörung der Felswand links des Skiwegs hat im vergangenen Jahr große Wellen geschlagen. Der KURIER hatte das Ausmaß der Zerstörung mit einer Foto-Analyse aufgezeigt.
Die Eingriffe auf dem Pitztaler Gletscher sind für Josef Schrank, Landschaftsökologe vom WWF Österreich, symptomatisch: „Im Sommer werden Skigebiete oft zu Großbaustellen."
Für ihn steht dahinter eine bedenkliche Entwicklung: „Im Wettkampf um neue Werbe-Superlative bedeutet moderner Wintertourismus heute enorme bauliche Eingriffe mit großem Energie- und Ressourceneinsatz. Bei der ständigen Vergrößerung der Tourismusgebiete bleibt von einer intakten Natur nicht mehr viel übrig“, so Schrank.
"Industriegebiete am Berg"
Tirols Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer bläst ins selbe Horn: "Das Maß und der Respekt vor der Landschaft sind vielfach verloren gegangen. Deshalb bräuchte es dringend verbindliche Ausbaugrenzen."
Arbeiten, wie sie nun im Pitztaler Gletscherskigebiet stattgefunden haben, kennt Kostenzer aus seiner Tätigkeit zur Genüge. "Das sind Industriegebiete am Berg. Entsprechend werden sie auch bewirtschaftet."
Am Pitztaler Gletscher könnte die Bautätigkeit in naher Zukunft noch massiv ausgeweitet werden. Derzeit läuft das Behördenverfahren für eine Verbindung des Skigebiets mit jenem des Ötztaler Gletschers. Dafür sollen drei neue Lifte gebaut werden. Geplant sind auch 64 Hektar zusätzlicher Pisten auf bislang unberührter Gletscherlandschaft.
Der WWF Österreich fordert, wie berichtet, zusammen mit Naturfreunden und dem Österreichischen Alpenverein den Stopp des Projektes. Im Laufe des Septembers soll das Umweltverträglichkeitsgutachten (UVGA) vom Land Tirol öffentlich aufgelegt werden. Für den Oktober ist die mündliche Verhandlung geplant.