Tiercoach: Nach der Diagnose Anämie ist noch viel zu klären
Von Hedwig Derka
Es kann an einem massiven Zeckenbefall liegen oder an anderen Parasiten. Es können Leber- oder Nieren-Leiden dahinter stecken. Auch Autoimmunerkrankungen kommen als Ursache in Frage. Oder Unfälle mit offener Wunde. Eine Unterversorgung mit Vitaminen bzw. Eisen. Nicht zuletzt zählen Infektionen und Vergiftungen zu den Auslösern.
„Die Diagnose Blutarmut sagt noch nichts über das Warum aus“, betont Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, welche Gründe und Folgen Anämie haben kann, und wie Patienten mit verminderter Hämoglobin-Konzentration im Blut geholfen werden muss.
„Es ist wichtig, den Zusammenhang zwischen Anämie und Symptomen zu verstehen“, sagt Reitl. Blut besteht zu einer Hälfte aus Blutplasma, einer gelblichen Flüssigkeit, zur anderen Hälfte aus Zellen – darunter rote und weiße Blutkörperchen sowie Blutplättchen. Sind die roten Zellen verringert – entweder durch einen übermäßigen Abbau oder durch eine unzureichende Bildung –, liegt eine Anämie vor. Das Defizit kann schwach bis stark ausgeprägt sein.
„Eine leichte Verringerung der roten Blutkörperchen fällt in der Regel nur im Labor auf“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Die Schleimhäute des Patienten sind immer noch zartrosa, sein Allgemeinbefinden unterscheidet sich kaum von dem fitter Vierbeiner. Eventuell treten Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit auf. Manchmal gelingt es dem Körper, den Mangel selbst wieder ausgleichen. Doch der Gesundheitszustand kann sich auch verschlechtern. Gerade bei alten Haustieren ist der Zufallsbefund Ernst zu nehmen; weitere Untersuchungen müssen folgen.
„Bei schwerer Anämie sind die Schleimhäute blass, dem Tier geht es offensichtlich schlecht“, beschreibt der Zoodoc. Auch Atembeschwerden können aus dem Mangel entstehen, transportiert Blut doch ebenfalls Sauerstoff. Die Ursachen sind meist dramatisch. Liegt eine Erkrankung des Knochenmarks vor, ist die Behandlung sehr schwierig; die Zellen müssen stimuliert werden. Ist die Funktion der Nieren eingeschränkt, kann eine Spritzenkur die Blutzellenbildung anregen und das Wohlbefinden des Patienten steigern. Zieht ein Unfall massiven Blutverlust bzw. eine besonders gefährliche innere Blutung nach sich, braucht der Patient eine Transfusion.
„Liegt die Diagnose Anämie vor, ist noch viel abzuklären“, sagt Reitl. Die verminderte Hämoglobin-Konzentration lässt weder Rückschlüsse auf die Form, noch auf den Schweregrad einer Erkrankung zu. Unbehandelt kann der Patient aber im schlimmsten Fall sterben. Der KURIER-Tiercoach schließt: „Die Heilungschancen hängen maßgeblich von der Grunderkrankung ab – und von einem möglichst frühen Therapiebeginn.“