Prozess gegen Lorenz K.: Aus dem IS-Teenager ist ein radikalisierter Mann geworden

Doch die Haft hat ihn nicht geläutert. Im Gegenteil. Lorenz K. grüßt die gleichdenkenden Mitgefangenen laut eines Häftlings noch immer mit ausgestrecktem Zeigefinger. Aber der junge Mann soll auch erneut darüber nachgedacht haben, welchen Schaden er im Namen des IS anrichten könnte. Mit einem Handy, das er illegal besaß, versuchte er laut Anklage, mehrere Gleichdenkende zu einem Anschlag anzustiften. Schon 3 Wochen nach seinem Haftantritt in der Justizanstalt Stein hatte er sich ein Mobiltelefon besorgt und auf Instagram Hinrichtungsvideos des IS veröffentlicht.

"Du kannst eine amelia (Bombe, Anm.) machen"

Freitagfrüh steht er deshalb erneut vor Gericht. Aus dem blassen, hageren Burschen von damals ist ein 120-Kilo-Mann mit Kinnbart geworden. Die Haare sind kurz geschoren, maskierte und schwer bewaffnete Justizwachebeamte führen ihn mit einem Bauchgurt und Fußfesseln vor.

Mit ihm nimmt ein eigentlich katholischer Serbe Platz. Der Zweitangeklagte (er teilte sich unter anderem mit dem verurteilten Hassprediger Mirsad Omerovic die Justizanstalt) soll sich mit Lorenz K. darüber unterhalten haben, wie man am einfachsten Ungläubige töten könne.

Lorenz K. nutzte Instagram und Whatsapp. Verschickt haben soll er detaillierte Anleitungen zum Töten mit dem Messer. Aber auch, wie man einen Sprengsatz baut. Oder die "Ungläubigen" mit anderen Mitteln töten kann - etwa durch Brandstiftung.

"Der Märtyrertod ist wie ein Baum, Früchte wachsen an ihm und reifen und dann kommt die Zeit, um diese Früchte zu pflücken in bestimmten Jahreszeiten."

Als Staatsanwalt Johannes Winkelhofer dem Geschworenengericht die Vorwürfe vorträgt, streichelt sich K. unaufhörlich über den Bart. Dann platzt es aus ihm heraus: "Blödsinn!"

Seit er ist 17 Jahre ist, ist K. im Gefängnis. "Er wurde aus der Gesellschaft ausgestoßen. In der Haft ist er erwachsen geworden", beschreibt sein Rechtsanwalt David Jodlbauer. Lorenz K. verbringt sehr viel Zeit allein, "Er liest viel, macht viel Fitness, wie man sieht", sagt er. "Und er ist in vielen Dingen unbedarft." Das Handy sei ein Fenster nach draußen.

"Ja, die Videos sind gestört", gibt selbst der Verteidiger zu. Dennoch meint er: "Bei seiner ersten Verurteilung war er ganz sicher ein Terrorist. Aber das ist er jetzt ganz sicher nicht mehr."

Schreiduell

Als Rudolf Mayer, Anwalt des Zweitangeklagten schildert, dass es ein Justizversagen sei, dass sein Mandant überhaupt mit dem IS in Berührung kommen konnte, kommt es zum Schreiduell mit Staatsanwalt Winkelhofer. "Das sind keine Opfer, das sind Täter!" beharrt der Staatsanwalt. "Schuld sind keine angeblichen Fehler des Staates!"

Die Richterin unterbricht um die Gemüter zu beruhigen.

Die darauf folgende Befragung von Lorenz K. gestaltet sich zumindest am Beginn eher ruhig. "Ich war in Haft ständig abgesondert. Was Jugendlichen am meisten fehlt, ist Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die habe ich im Netz gesucht", schildert er. Und er gesteht: "Der IS war meine Welt. Die Haft und die Strafe haben meine Radikalisierung gestärkt." Doch das habe sich geändert.

Noch mehr Emotion

Angesprochen, auf Nachrichten, in denen er einem Gleichdenkenden eine "Amelia" (gemeint ist laut Staatsanwalt eine Bombe, Anm.) ans Herz legt, wird er emotional: "Das bedeutet nicht Bombe, das bedeutet Operation. Da gibt es eine Bandbreite an Möglichkeiten! Warum denken Sie da nicht an Sachbeschädigungen zum Beispiel?" - "Vielleicht liegt das an Ihrer Vorgeschichte", antwortet der beisitzende Richter Ulrich Nachlberger.

Noch mehr bringt ihn eine Frage des Staatsanwalts in Rage: "Waren Sie die Außenstelle des IS in der Justizanstalt Karlau?" - "Nein! Nächste Frage! Nächste Frage!"

Die Verhandlung ist auf drei Tage anberaumt.