Ischgl: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen vier Personen
In der Causa rund um das Corona-Krisenmanagement in Ischgl hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck ein Ermittlungsverfahren gegen vier Personen eingeleitet. Dies sagte ein Sprecher der Anklagebehörde der APA und bestätigte einen Bericht des ORF Tirol. Dass sich unter den Beschuldigten auch der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz und der Bezirkshauptmann von Landeck, Markus Maaß, befinden, bestätigte der Sprecher hingegen nicht.
Auskünfte, um wen es sich bei den Beschuldigten handelt, werden nicht erteilt, hieß es. Konkret geht es um die vorsätzliche oder fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Bereits Ende August hatte die Tiroler Tageszeitung von eingeleiteten Ermittlungen gegen Maaß und zwei weiteren Mitarbeitern der Bezirkshauptmannschaft sowie Kurz berichtet. Damals bestätigte die Staatsanwaltschaft jedoch das Ermittlungsverfahren gegen konkrete Personen noch nicht.
Das Land, dessen Angestellter der Bezirkshauptmann von Landeck ist, verwies auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und gab keinen weiteren Kommentar zu den Ermittlungen ab. "Das Land Tirol hat großes Vertrauen in die heimische Justiz und wird sämtliche Ermittlungen bestmöglich unterstützen", hieß es auf KURIER-Anfrage.
10.000 Seiten Beweismaterial
Die Ermittlungen hätten sich nach Prüfung der in über 10.000 Seiten Beweismaterial dokumentierten Abläufe nunmehr konkretisiert, hieß es. Insbesondere werde die Umsetzung von Verordnungen in Bezug auf Verkehrsbeschränkungen in Ischgl, die zur plötzlichen Ausreise hunderter Urlaubsgäste, bzw. die Quarantäne im Paznauntal näher geprüft.
Laut Staatsanwaltschaftssprecher Mayr gebe es verschiedene Versionen, wann die Verordnungen in Kraft getreten sind, wie sie verlautbart wurden und wie damit umgegangen wurde.
In Ischgl war es zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus gekommen. Die ersten Fälle waren Anfang März bekannt geworden, die Ansteckungen sollen vor allem in Apres-Ski-Lokalen passiert sein. Den Behörden wurde vorgeworfen, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben.
Der Verbraucherschutzverein (VSV) brachte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck ein, die sich unter anderem auch gegen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), Landesrat Bernhard Tilg (ÖVP), Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber, Bürgermeister und Seilbahngesellschaften richtete.
42 Prozent der Ischgler war infiziert
Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber aus 45 Staaten hätten sich beim VSV als Geschädigte gemeldet. Die Anklagebehörde leitete daraufhin wegen des Verdachts der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten ein Ermittlungsverfahren, zunächst gegen Unbekannt, ein. Zudem wurde eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des ehemaligen OGH-Vizepräsidenten Ronald Rohrer eingerichtet. Deren Bericht soll am 12. Oktober präsentiert werden.
Eine Antikörperstudie der Medizinischen Universität Innsbruck zeigt indes, dass 42,4 Prozent der Ischgler Bevölkerung bereits eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht haben dürfte.