Chronik/Österreich

"Böllerwerfen in Syrien normal": Gefängnisstrafe nach Halloween-Krawallen

Knapp vier Monate nach der Halloween-Nacht stand heute, Donnerstag, erstmals ein junger Mann vor Gericht. Dem 22-jährigen Syrer wurde vorgeworfen, einer der Rädelsführer an besagten Ausschreitungen in Linz gewesen zu sein.

Laut Anklage habe er „zahlreiche Teilnehmer verbal und durch Handzeichen aufgefordert, gegen die Polizei vorzugehen“. Darüber hinaus habe er auch eine Gruppe angeführt, die mit Böllern der Kategorien 3 und 4 auf die Polizisten geworfen habe.

Ihm persönlich wurde außerdem zur Last gelegt, dass er selbst Steine und pyrotechnische Gegenstände auf Polizisten geworfen habe, was auf Kameras zu sehen sein soll. Er selbst hat in den Einvernahmen immer behauptet, er sei nur ein passiver Zuschauer gewesen.

Alle Inhalte anzeigen

Das Medieninteresse beim Prozess gegen den 22-Jährigen am Donnerstag war groß. Zwei Polizisten brachten den Angeklagten in den Saal. Er ging aufrecht, selbstbewusst.

Staatsanwalt Philipp Christl ließ zu Beginn des Prozesses die Halloweennacht Revue passieren. In besagter Nacht soll der 22-Jährige, der auch Vater eines acht Monate alten Kindes ist, die Menge aufgewiegelt haben. "Er hat andere aufgefordert, Steine auf Polizisten zu werfen“, betonte der Staatsanwalt. Der Vorwurf lautete deshalb schwere Körperverletzung.

Verteidigerin zeichnet anderes Bild

Die Verteidigerin Carina Gstöttner zeichnete zu Prozessbeginn ein anderes Bild vom Angeklagten: „Was da passiert ist, ist indiskutabel. Mein Mandant war dabei, das gibt er zu. Er ist neugierig gewesen, weil eine Menge Leute am Taubenmarkt gewesen sind, deshalb ist er aus der Straßenbahn ausgestiegen." Als Polizisten begannen, die Menschen einzukesseln, hätte er den Ort verlassen müssen, das sei ihm bewusst, so die Verteidigerin. Er habe die Sache unterschätzt. Die Absicht hinter der Versammlung sei ihm nicht bekannt gewesen.

Alle Inhalte anzeigen

Dieses Bild bestätigte auch der Angeklagte selbst: "Ich bin schuldig, dass ich damals ausgestiegen, bin. Das ist meine Verantwortung.“ Steine habe er nicht geworfen, versicherte der 22-Jährige dem Richter.

"Böllerwerfen ist bei uns in Syrien normal"

Und auch das Video „Linz soll Athena werden“ kenne der Angeklagte nicht. Er habe geglaubt, "die Polizei spielt mit den Leuten", sagte der 22-Jährige. Er habe erst gemerkt, dass es kein Spiel sei, als Gegenstände geworfen wurden und die Polizei die Leute eingekesselt habe. Steine habe er keine gesehen, Böller schon. Diese seien zwischen der Gruppe Jugendlicher und der Polizei gelandet.

"Sie waren bis zum bitteren Ende dabei", hielt ihm der Richter vor. Die Rechtfertigung, von den Ausschreitungen nichts mitbekommen zu haben, wollte er ihm nicht abnehmen. „Böllerwerfen ist bei uns in Syrien normal“, sagte der Angeklagte, als er vom Richter über die Gefährlichkeit von Böllern befragt wurde.

Alle Inhalte anzeigen

Konfrontiert mit Zeugenaussagen, laut denen der 22-Jährige andere Personen dazu aufgefordert haben soll, nicht auf die Polizei zu hören und selbst die Beamten mit Steinen beworfen haben soll, begann der Angeklagte vor Gericht zu weinen. Dass er einem Anrufer ins Handy gerufen habe "Heute wird Linz gefickt", stritt er ab. 

Schuldbekenntnis

Nach der Pause dann die Wende im Prozess: Der Angeklagte bekannte sich vollinhaltlich schuldig. Schon vor der Verhandlungspause meinte der Richter zur Verteidigerin des 22-Jährigen: "Sie haben noch eine Chance, mit ihm zu reden". Und meinte damit wohl, ihn zu einem Geständnis zu bewegen.

Staatsanwalt und Verteidigerin verzichteten angesichts des Geständnisses auf die Vernehmung der Zeugen. Das Urteil für den 22-Jährigen lautet eineinhalb Jahre Haft, davon sechs Monate unbedingt. Die vorausgegangenen zweieinhalb Monate U-Haft werden angerechnet.

Das Urteil begründete der Richter damit, dass der Angeklagte "mehr gemacht hat als nur teilgenommen. Er hat führend teilgenommen, Leute aufgestachelt." Und aufgrund der Attacken auf die Polizisten werde der 22-Jährige wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Mildernd wirkte jedoch die geständige Verantwortung des Angeklagten, so der Richter.

"Für meinen Mandanten ist das Urteil in Ordnung", sagt die Verteidigerin. Das Urteil wurde demnach angenommen und ist rechtskräftig.

Prozessreigen

Schon am kommenden Montag findet der Prozess gegen den nächsten angeblichen Rädelsführer statt: Dem 19-Jährigen wird schwere gemeinschaftliche Gewalt  vorgeworfen –  auch er soll Steine und Pyrotechnik auf Polizisten geworfen haben.

Am kommenden Donnerstag stehen eine 15-Jährige und ihre zwei Freunde (15 und 16 Jahre) vor dem Richter – ihnen drohen aufgrund ihres Alters nur zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe.

Am 20. März, 3. und 4. April wird drei  Männern (16 bzw. 18 Jahre) wegen Angriffen auf Polizisten der Prozess gemacht. Und am  24. März muss ein 18-Jähriger vor Gericht, der das Video „Morgen wird Linz zu Athena“ mit dem Kommentar „Morgen wird nicht Halloween sondern krieg Mrk“ (Mrk heißt Bruder, Anm.) versehen hat und in der Krawallnacht selbst pyrotechnische Gegenstände gezündet haben soll. Gegen seinen Bruder wird wegen der Erstellung und der Verbreitung dieses Videos noch ermittelt.