Festspiele setzen mit Wettbewerb Signal gegen den Krieg
Von Sabine Salzmann
Nicole Chirka stammt aus Charkiw, jener Millionenstadt in der Ukraine, die als trauriger Kriegsschauplatz in die Schlagzeilen kam. Sie unterhält sich angeregt mit Aleksei Kulagin – obwohl er aus Russland stammt.
Die Kraft der jungen, aufstrebenden Talente ist stärker als jeder Krieg. „Bei diesem Projekt geht mir das Herz auf. Es ist uns ein großes Anliegen, junge Talente bestmöglich zu fördern und einen optimalen Start zu geben“, schwärmt Präsidentin Kristina Hammer. Die Festspiele positionierten sich in einem Statement schon klar gegen den Krieg, aber auch gegen eine Pauschalverurteilung der russischen Kultur.
Seit 2018 haben die Salzburger Festspiele mit dem „Young Singers Projekt“ eine Plattform zur Förderung der Jugend. 500 Bewerber hofften heuer auf einen Karriere-Turbo im Festspielsommer. 15 Talente aus neun Nationen überzeugten.
Gespür für Talente
An der Spitze des Projektes steht Evamaria Wieser, die von der ersten Stunde an Bewerber mit viel Gespür für stimmliches Potenzial auswählt. Ihr fairer Zugang sei beispielgebend, heißt es in der Szene. Der erfahrenen Casting-Expertin entgehe gewiss kein Star von morgen. Auch große Namen wie Frederica Lombardi oder André Schuen gingen in der Geschichte der „Young Singers“ schon an den Start.
Und was sind die Gradmesser beim Beurteilen der ersten Gesangsproben? „Es kommt auf die Qualität der Stimme insgesamt an. Sie sind noch rohe Diamanten.“ Die Sänger – viele von ihnen sind ganz am Anfang ihrer Entwicklung, einige sind schon ein paar Schritte weiter – werden in Meisterklassen von Stars gecoacht und sie stehen auch mit großen Namen gemeinsam auf der Bühne. Musikalischer Unterricht, szenische Probenarbeit, Sprachcoaching und Liedinterpretation gehören zum Gesamt-Paket des Festival-Sommers. Gecastet wurden die 60 aussichtsreichsten Kandidaten nach einer Video-Runde bei persönlichen Terminen zum Vorsingen.
Die „Young Singers“ werden beim Fest zur Eröffnung, in einem Abschlusskonzert und in sieben Produktionen von „Il Trittico“ oder „Aida“ bis zur Kinderoper „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ zu bejubeln sein.
Talente haben viele Erwartungen
Die belgische Sopranistin Flore Van Meerssche freut sich schon auf die Rolle der Priesterin in Verdis Aida. „Ich komme gleich nach einem Solo der Aida. Das wird aufregend.“ Nicole Chirka aus der Ukraine, die noch vor Kriegsausbruch ein Engagement in Dresden bekam, freut sich auf das internationale Flair in Salzburg. Sie will so viele Erfahrungen wie möglich sammeln. Und Aleksei Kulagin, der Russe unter den 15, meint: „Ich hoffe, dass ich hier meine Karriere starten kann.“