Covid-Medikamente werden kaum an Patienten verschrieben
Die Herbst-Corona-Welle in Österreich nimmt weiter an Fahrt auf, am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz bereits bei 952,6. Gegen schwere Covid-Verläufe hilft einerseits die Schutzimpfung, außerdem sind mittlerweile zwei antivirale Medikamente für die Einnahme zu Hause in Österreich zugelassen. Doch diese werden kaum an Patienten verschrieben, berichtete das Ö1-Morgenjournal am Mittwoch. Demnach wurden bisher nur ein Fünftel der vorhandenen Medikamente auch verschrieben.
Laut Ö1 wurden bisher rund 240.000 Therapiezyklen der beiden oralen Arzneimittel "Paxlovid" und "Lagevrio" nach Österreich geliefert und nur ein knappes Fünftel davon auch an Patienten verschrieben - vorrangig in Wien und Niederösterreich. Katharina Reich, Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium, bestätigte, dass es "Luft nach oben" gebe und "weitere Aufklärungsarbeit betrieben werden" müsse. "Es scheint nimmer noch Informationsdefizite zu geben", meinte die Vorsitzende der Taskforce GECKO und der Corona-Kommission. Man arbeite jedenfalls eng mit Apotheker- und Ärztekammer zusammen.
Die beiden Medikamente werden in Tablettenform verabreicht und können über den Hausarzt an Risikopatientinnen und -patienten abgegeben werden. Sie verhindern, dass sich das Coronavirus stark im Körper vermehrt und müssen möglichst zu Beginn der Infektion eingenommen werden. Werden sie rasch nach einem positiven Test eingenommen, senken sie das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs um bis zu 90 Prozent. Vor allem für Risikogruppen stellen diese Medikamente einen zusätzlichen Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf mit Covid-19 und einem Krankenhausaufenthalt dar.
Anruf genügt
Nach einem positiven Antigen- oder PCR-Test genügt also häufig ein Anruf beim Hausarzt. Die Medikamente können dann direkt in der Apotheke abgeholt werden. In Wien kontaktiert der Wiener Gesundheitsdienst (MA 15) proaktiv Risikogruppen, dabei werden auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten abgeklärt und im Fall einer Verschreibung der Corona-Arzneimittel diese per Fahrradboten direkt den Patienten geliefert. Bei der Omikron-Variante sind die Symptome "nicht mehr so stark ausgeprägt", sagte Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf und Leiter des Karl Landsteiner Instituts für Lungenforschung und pneumologische Onkologie im "Ö1"-Interview. Das sei jedoch ein Trugschluss, dass Verläufe nicht so schwer sind. Es wäre es "trotzdem wichtig, dass gerade Risikopersonen diese Medikamente verwenden". Erst kürzlich hätten die Eltern des Mediziners nach positiven Corona-Tests die Medikamente genommen. Die "Verträglichkeit und Sicherheit ist gegeben und auch ein guter Schutz", sagte Valipour.
Die derzeitige Herbst-Welle schlägt sich immer mehr in den heimischen Spitälern nieder. Am Dienstag mussten insgesamt 1.863 Infizierte in österreichischen Spitälern behandelt werden, um 166 mehr als am Montag. Das war der höchste Wert seit einem halben Jahr. Laut der aktuellen Corona-Prognose "ist von einem weiteren deutlichen Anstieg im Normalpflegebelag auszugehen". Bei knapp der Hälfte der Infizierten ist der primäre Hospitalisierungsgrund Covid-19. Doch in beiden Fällen - ob als Zufallsbefund oder Ursache - ist eine "intensivierte Betreuung erforderlich", betonte Valipour. Die Krankenhäuser verzeichnen zudem Corona-bedingte Personalausfälle und "sind wieder stärker belastet als in Zeiten, wenn die Infektionszahlen geringer sind", konstatierte der Mediziner.
Experten für Maskenpflicht
Eine Wiedereinführung der Maskenpflicht schloss Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) derzeit jedoch dezidiert aus. Dazu werde es erst kommen, wenn die Situation in den Krankenhäusern "eskaliert, bedrohlich wird, ein Notstand eintritt", sagte er am Mittwochabend im ZiB2-Interview. "
Mehrere Experten hatten sich angesichts der hohen Infektionszahlen bereits wieder für die Maskenpflicht ausgesprochen. "Wie lange noch zuschauen, wie Covid durch die Decke geht? Der Winter ist noch lang, und in den Spitälern wird es eng mit sinkendem Personal und steigendem Belag", twitterte beispielsweise Thomas Czypionka von der Abteilung Health Economics and Health Policy des Instituts für Höhere Studien (IHS).