Chronik/Österreich

Betrug mit Minikameras bei Führerscheinprüfungen aufgeflogen

Es erinnert alles ein wenig an James Bond. Doch was die Polizei Graz aufgedeckt hat, ist ein wachechter Betrugsfall. Zahlreiche Personen stehen im Verdacht, in den letzten Monaten technische Hilfsmittel bei der theoretischen Führerscheinprüfung verwendet und sich so das Prüfungsergebnis erschummelt zu haben. Erst am Donnerstag, 4. November 2021, kam es zu einem erneuten Fall des „Schummelns“. Die Prüfungsaufsicht der Landespolizeidirektion Steiermark ertappte einen 35-Jährigen.

Hinweise halfen Polizei


Aufgrund mehrerer Hinweise, dass theoretische Führerscheinprüfungen mit Hilfe von Minikameras und Miniohrhörern manipuliert würden, wurden bereits im Oktober 2020 Ermittlungen eingeleitet. Bei mehreren Führerscheinprüfungen wurde in der Folge höchstes Augenmerk auf derartige Manipulationsversuche gelegt. Tatsächlich konnten bei einer dieser Prüfungen zwei Personen ertappt werden, die mit Minikameras (verbaut in kleinen Hemdknöpfen), mit Mobiltelefonen zur Bildübertragung, mobilen W-Lan-Routern, Power Banks sowie mit Mobiltelefonen für den Empfang der Audioübertragung und In-Ear-Kopfhörern (in einer Größe von zwei Millimetern im Durchmesser und zwei Millimetern Länge) ausgestattet waren. Dieses IT-Equipment war teilweise mit Klebestreifen an den Körper der Führerscheinprüflinge geklebt oder an der Innenseite der T-Shirts (in verschiedenen Größen und Aussehen) verbaut. Zusätzlich waren Induktionskabeln um den Hals der Prüflinge geklebt, um die kabellose Audioübertragung in die Ohren zu gewährleisten.

Die Ermittlungen der Beamte der Polizeiinspektion Graz-Karlauerstraße liefen über ein Jahr. Doch wie gingen die Betrüger vor?


Vorgangsweise

Während der Prüfungen waren offenbar Fotos der Prüfungsfragen an eine fremde Person weitergeleitet worden, welche die richtigen Antworten per Audioübertragung rückübermittelte. Die richtigen Antworten mussten von den Prüflingen, welche oftmals der deutschen Sprache nur eingeschränkt mächtig waren, lediglich per Tastatur in das Prüfungsprogramm eingegeben werden. Bei weiteren folgenden Erhebungen forschten die Beamten auch ein Paar im Alter von 26 Jahren aus Graz aus, das im Verdacht steht, in zahlreichen Fällen die richtigen Antworten eingesagt zu haben. In der Wohnung dieses Paares konnte umfangreiches IT-Equipment sichergestellt werden.
Bei den Einvernahmen gaben die beiden Verdächtigen zu, dass sie dies nicht das erste Mal durchgeführt hatten, sondern bereits acht solche Hilfestellungen bei den Prüfungen geleistet hatten und weitere, unter anderem bereits für den nächsten Tag, geplant und vorbereitet waren.

Hintermänner ausgeforscht

In den darauffolgenden Monaten wurde die gute Zusammenarbeit auf alle bei der LPD Steiermark beschäftigten Aufsichtspersonen ausgedehnt und konnten immer wieder, vorwiegend ausländische Prüflinge bei den Manipulationshandlungen ertappt, IT-Equipment sichergestellt und die Beschuldigten angezeigt werden. Aufgrund von Auswertungen des sichergestellten IT-Equipments konnten in den meisten Fällen auch die Hintermänner, welche als „Einsager“ fungierten, ausgeforscht werden.

2.000 Euro für bestandene Prüfung


Einem der Hauptverdächtigen und seinen Komplizen konnte aufgrund von gesicherten Fotos von Führerscheinprüfungen auf einem sichergestellten Mobiltelefon insgesamt 35 gleich gelagerte Manipulationen von Führerscheinprüfungen nachgewiesen werden.
Dieser Hauptverdächtige, ein 34-jähriger Syrer aus Wien, befindet sich wegen anderer strafbarer Handlungen bereits in Haft.
Für die Bereitstellung des Equipments und der Beantwortung der Fragen wurde meist ein Betrag von 2.000 Euro verlangt, welcher nach bestandener Prüfung sofort zu bezahlen war.
Es wurde auch ein Tatbestand des Gebrauches von fremden Ausweisen bearbeitet, da der Neffe mit dem Reisepass seines Onkels für diesen die Computerprüfung absolvieren wollte und bei der Identitätskontrolle vor der Prüfung von der Aufsichtsperson ertappt wurde.

90 Beschuldigte

Insgesamt wird in 68 Fällen solcher Manipulationen der Führerscheinprüfung mit 90 Beschuldigten ermittelt. Einige der Beschuldigten waren bereits wegen gefälschter ausländischer Führerscheine zur Anzeige gebracht worden, nachdem diese Fälschungen beim Umschreibversuch in Österreich erkannt worden waren. Diese Beschuldigten versuchten nun durch die angeführten Hilfen bei der Führerscheinprüfung zu einer Lenkberechtigung zu gelangen bzw. haben das auch geschafft.


Die Aberkennung der positiven theoretischen Führerscheinprüfungsergebnisse bzw. den Entzug der Lenkberechtigungen der beschuldigten Führerscheinwerber wurden bei den jeweiligen Führerscheinbehörden in die Wege geleitet.