Anschober: "Haben Maßnahmen in der Schublade"
Bei der Sitzung der Corona-Ampelkommission am Donnerstag wurden zehn weitere Bezirke auf Orange gestellt, ein einziger von Orange auf Gelb zurückgefärbt.
Aber: Trotz anhaltend hoher Infektionszahlen - auch am Freitag waren es wieder über 1.100 neue, bestätigte Fälle - wurde kein einziger Bezirk auf Rot gestellt.
Warum das so ist, das erklärten am Freitagvormittag Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und der Vorsitzende der Ampel-Kommission, Ulrich Herzog aus dem Gesundheitsministerium, in einer Pressekonferenz.
Eingangs berichtete Anschober von der Situation um Österreich herum. Die weltweite Situation sei unverändert, es gebe momentan etwa 350.000 Neuinfizierte pro Tag und der Höhepunkt der Pandemie sei weiter nicht in Sicht, betonte der Gesundheitsminister.
Auch in Europa seien die Zahlen generell im Steigen befindlich; selbst in Ländern, die in der jüngeren Vergangenheit gut durchgekommen wären, so wie in Deutschland, der Schweiz und Italien.
Dieser Grundtrend sei auch in Österreich spürbar und "den versuchen wir zu brechen", so Anschober. 1.131 neue bestätigte Fälle gab es von Donnerstag auf Freitag, das sei jedoch "sehr hoch, zu hoch".
Gesundheitssystem nicht ausgelastet
Es gab aber auch etwas Positives zu berichten: Obwohl es bei den aktiven Fällen innerhalb der letzten sieben Tage ein Plus von 23 Prozent zu verzeichnen gab, stieg die Zahl derjenigen, die wegen einer Covid-19-Erkrankung ins Spital mussten, nur um acht Prozent; die Zahl derjenigen auf Intensivstationen überhaupt nur um drei Prozent.
Das habe sicher auch mit dem Durchschnittsalter der positiv Getesteten zu tun, das derzeit bei 37 Jahren gegenüber 59 Jahren im Frühjahr liege, so Anschober. Man solle sich aber "bitte nicht täuschen", es gebe auch schwere Krankheitsverläufe bei jungen Menschen, zudem müsse verhindert werden, dass sich die Infektionsherde zu vulnerableren Gruppen verlagern.
Außerdem könnten sich auch höhere Fallzahlen auch mit Verzögerung in Hospitalisierungen niederschlagen, gab der Gesundheitsminister zu bedenken.
Warum konkret kein Bezirk auf Rot gefärbt wurde, erklärte Ampelkomissions-Leiter Herzog. In den Bezirken St. Pölten/Stadt und Hermagor hat die Ampel wohl bereits Rot geblinkt, ließ der studierte Veterinärmediziner durchblicken. Doch in beiden Fällen hätte sich die Lage stabilisiert, daher wäre es "nicht zielführend gewesen", die Bezirke als Hochrisikogebiete einzustufen.
Von Anschober gab es grundsätzliches Lob für die Arbeit der Ampelkommission. Diese mache einen "herausragenden Job", sagte der Gesundheitsminister. Mittlerweile würden auch viele andere europäische Länder diskutieren, eine derartige qualitative Analysemethode einzuführen.
"Maßnahmen in der Schublade"
Momentan liege der Fokus der Pandemiebekämpfung darum auch auf regionalen Maßnahmen, allerdings habe man "verschiedene Maßnahmen in der Schublade". Welche das sind, wollte Anschober nicht kommentieren, es könne jedoch durchaus sein, dass in zwei oder drei Wochen auch bundesweit nachgeschärft werde.
Auch Gerüchte über mögliche Schulschließungen wollte Anschober nicht kommentieren.
Gros der Infektionen in der Freizeit
Die meisten Infektionen ließen sich nach wie vor auf die drei Bereiche Haushalt, Freizeit und Arbeit zurückführen, berichtete Herzog. Die "Geschichten im Hintergrund" der jeweiligen Cluster zu erzählen sei eine Aufgabe, die noch vermehrt erfüllt werden soll - diese würden nämlich anschaulich zeigen, wo die Infektionen momentan passieren.
So habe es einen Cluster im Burgenland gegeben, der in der Kantine nach einem Fußballspiel seinen Ausgang genommen hat. In Tirol habe wiederum eine Tauf-Feier einen Cluster ausgelöst, der sich bis nach Salzburg ausgebreitet hat. Und der momentan wohl "berühmteste Cluster" sei der rund um einen Almabtrieb im Bezirk Hermagor in Kärnten, der zu insgesamt 49 Infizierten führte. der Indexfall sei hier ein junger, symptomloser Erwachsener gewesen, der am Tag des Almabtriebs in einem Gasthaus zugegen war und am Tag danach auch noch eine Geburtstagsfeier besucht hatte.
Keine Gefahr in der Schule
Man habe sich zu Schulbeginn auch gezielt die Infektionen bei den Unter-25-Jährigen angeschaut, berichtete der Leiter der Ampelkommission. Das Ergebnis: Es gebe keinen Beleg dafür, dass sich viele in der Schule anstecken. Zwar gebe es natürlich eine Zunahme der Bildungscluster, doch würde das Virus von außen, bei den Jüngeren vielfach auch von Lehreren, hereingetragen.
Hinsichtlich der Symptomatik gebe es aber einen "klaren Unterschied" zwischen Über- und Unter-15-Jährigen: Letztere seien vielfach asymptomatisch, die Über-15-Jährigen wiesen hingegen eine "deutlich höhere Symptomatik" auf.
Und während sich die Jüngeren vorwiegend im Haushalt anstecken, verschiebt sich dieses Verhältnis bei den Älteren in Richtung Freizeit. Für Herzog sind das wichtige Erkenntnisse und "zentral für die Entscheidungen, die wir treffen".