Alternativmediziner vor Gericht
Seit seinem fünften Lebensjahr litt das Mächen aus Oberösterreich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Sogar eine Entnahme des Dickdarms stand im Raum. Die Eltern suchten Alternativen – und fanden sie bei der Traditionellen Chinesischen Medizin. Doch im Sommer des Vorjahres wäre das Mädchen beinahe gestorben – die Schulmedizin konnte es nach einem Multiorgan-Versagen gerade noch retten.
Es waren die Fähigkeiten des koreanischen Therapeuten in Wien, dem sie vertraut hätte, sagte die Mutter – eine Krankenschwester. „Er sagte, ich soll die Schulmedizin vergessen.“ „Das stimmt nicht!“, bestreitet der koreanische Therapeut am Mittwoch im Landesgericht für Strafsachen. Er und ein praktischer Arzt, der mit ihm zusammenarbeitet, sind wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. „Wir behandeln immer zusammen mit der Schulmedizin.“ Seine eigene Tochter sei Ärztin.
Wie eine Schwangere
Als das Mädchen zum ersten Mal die Alternativbehandlung in Anspruch nahm, war sein Bauch so groß wie der einer Schwangeren. Durch Akupressur, Akupunktur und Energiearbeit habe sich der Zustand gebessert, sagt der Therapeut.
Tatsächlich ging es dem Mädchen einige Zeit gut. So gut, dass man die Schulmedizin vernachlässigte. Fünf Jahre lang war kein Facharzt konsultiert, kein Blut abgenommen worden. Und plötzlich verschlechterte sich der Zustand des Kindes rapide.
„Das kommt von einer Stauung in den Beinen“, soll der Therapeut gesagt haben. Am nächsten Tag lag die Jugendliche auf der Intensivstation.
„Sie hätten dafür sorgen müssen, dass alle drei bis sechs Monate Blutuntersuchungen durchgeführt werden“, wirft der Sachverständige Marcus Franz den Angeklagten vor.
Prozess vertagt.