Rote Parteispitze in Oberösterreich steht kurz vor Rücktritt
Von Petra Stacher
Ein Plakat in schwarz-weiß. Darauf ein Kind, das den Tränen nahe ist und dazu die Worte „Ich will dich nicht verlieren“. Dabei handelt es sich um eine Impfkampagne, die die oö. SPÖ am Montag vorstellte. Nun kostet sie zwei Köpfe: Landesparteichefin Birgit Gerstorfer und Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer müssen gehen, fordern rote Funktionäre.
„Als Partei tragen wir viel Verantwortung“, rechtfertigte Brockmeyer bei der Präsentation am Montag die Kampagne für die Corona-Schutzimpfung. In ganz OÖ sollten in den nächsten Tagen unter anderem rund 1.000 Plakate angebracht werden, um Überzeugungsarbeit in der Bevölkerung zu leisten.
"Moralische Bankrotterklärung"
Parteiintern stieß dies aber auf Unverständnis. So ließ der SPÖ-Nationalratsabgeordnete – und Vorsitzender der Linzer Sektion voestalpine – Dietmar Keck Dienstagfrüh per Aussendung wissen: „Weinende Kinder zu instrumentalisieren ist eine moralische Bankrotterklärung.“ Es sei eine rote Linie überschritten. Daher fordere er den sofortigen Rücktritt von Gerstorfer und Brockmeyer. Das „infernale Duo“ sei „nicht mehr tragbar“.
Am Nachmittag bestätigte der Dritte Landtagspräsident Peter Binder (SPÖ) schließlich einen Bericht von nachrichten.at, wonach Gerstorfer und Brockmeyer zurücktreten werden. Den Parteivorsitz solle Klubchef Michael Lindner übernehmen.
Dieser meldete sich per Aussendung zu Wort: „Wenn die Sozialdemokratie mich braucht, dann stehe ich bereit. Klar ist jedoch, dass die SPÖ OÖ ihre personalpolitischen Entscheidungen nicht über Medien kommuniziert, sondern in Gremien fällt." Er kündigte für Dienstagabend eine Präsidiumssitzung an, zu der Gerstorfer, die auf dem Rückweg aus dem Ausland war, erwartet wurde. Auf der Tagesordnung des Präsidiums dürfte auch das Vorziehen des Parteitages von Herbst auf Frühsommer stehen.
Haussegen hing schief
Von Gerstorfer selbst war am Dienstag kein Statement zu erwarten, hieß es aus der Parteizentrale. Auch Brockmeyer lehnte eine Stellungnahme auf KURIER-Anfrage ab.
Schon seit der Landtagswahl am 26. September 2021 hing der Haussegen in der roten Partei schief. Mit plus 0,25 Prozent auf 18,58 Prozent stagnierte das Ergebnis, weshalb man sich dazu entschloss, Wahlkampf und Partei analysieren zu lassen. Das Fazit daraus war eindeutig. So sollte man sich unter anderem zeitnah über eventuelle neue Köpfe Gedanken machen. „Wir werden uns mit der Frage natürlich auseinandersetzen. Ich werde immer das tun, was der Sozialdemokratie guttut“, sagte Gerstorfer zum Resultat. Auch der Einfluss der Gewerkschaften wurde in diesem hinterfragt.
Die Impfkampagne dürfte nun das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Durch diese sei laut Binder „der Stein ins Rollen“ gekommen. Denn wie sich herausgestellt habe, seien die fragwürdigen Werbesujets von keinem Funktionär abgesegnet worden, sondern im Alleingang von Gerstorfer und Brockmeyer entstanden.