Wien: Wie ausgerechnet ein Flughafen CO2-frei werden will
Von Katharina Zach
"CO2 um 70 Prozent reduziert, Klimaschutz: der Flughafen handelt", prangt auf einem großen Schild neben der Autobahn A4. Tatsächlich will der Flughafen noch mehr. Er will bis 2030 sogar CO2-frei werden.
Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit, denn mit startenden und landenen Maschinen, dem Cargo-Bereich und den angesiedelten Firmen in der Airport-City wird der Flughafen nie frei von Emissionen sein. Es geht hier rein um die Flughafen Wien AG. Und die hält ihre Ziele trotz Wachstum für erreichbar.
Eigene Software zum Energiesparen
Bereits seit 2011 sei der CO2-Ausstoß pro Passagier bzw. pro 100 Kilogramm Fracht um 70 Prozent reduziert worden, erklärt Flughafen-Vorstand Günther Ofner. Noch betragen die CO2-Emissionen 20.402 Tonnen pro Jahr.
Konkret soll etwa die Energieeffizienz gesteigert werden, etwa mit dem eigens von der TU Wien und der Firma Denkstatt entwickelten Steuerungstool "Smart Airport City". Diese intelligente Software soll alle 150 Objekte und Anlagen am Flughafen steuern - von Verkehrsanlagen bis zur Kühlung der Terminals, erklärt Ofner.
Es wird elektrisch
Zudem will der Flughafen auf E-Autos setzen. Schon jetzt sind 380 Fahrzeuge der Flotte elektrisch angetrieben. Die Nutzfahrzeuge für die Abfertigung sollen folgen, darin liegt laut Ofner das größte Potenzial, CO2 und Treibstoff einzusparen. In Kürze sollen ewta 40 E-Passagierbusse angeschafft werden. 30 Millionen Euro investiert der Flughafen bis 2020.
Zudem gebe es Gespräche, die aus Wien kommende Taxi-Flotte ebenfalls durch E-Autos zu ersetzen. Dazu sollen auch die Ladestationen massiv ausgebaut werden.
Firmen entdecken Klimaschutz
Nicht erst seit den "Friday for Future"-Klimademonstrationen entdecken immer mehr Firmen den Klimaschutz für sich. "Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben bei uns bereits seit 2011 höchste Priorität", erklärt Vorstand Ofner.
Doch wie ernst sind solche Bestrebungen zu nehmen, wenn der Flughafen vom Flugverkehr lebt und dieser mit dem Bau der 3. Piste weiter stark zunehmen wird? Ofner selbst räumt ein, dass die CO2-Einsparungen des Flughafens die Emissionen durch den Bau der 3. Piste wohl nicht kompensieren können. Global 2000-Klimasprecher Johannes Wahlmüller nennt die 3. Piste in Bezug auf die Emissionen sogar das "klimaschädlichste Projekt Österreichs".
Auch ist der Einfluss auf die Fluglinien, die Klimafreundlichkeit von Unternehmen beim Flughafen oder die Art der Anreise der Passagiere gering.
Alte Flieger sollen zahlen
Mit Greenwashing, also der PR-Methode, dem Unternehmen ein grünes Mäntelchen umzuhängen, haben die Maßnahmen jedenfalls nichts zu tun, betont Vorstand Ofner. "Wir versuchen natürlich auch, alle unsere Systempartner positiv zu beeinflussen", sagt er.
So will man ab Sommer 2020 mit einem Lärmgebührenmodell die Airlines zumindest dazu bewegen, neuere und damit leisere und energieeffizientere Flugzeugmodelle zum Einsatz zu bringen. Fluglinien, die mit alten Maschinen landen, sollen extra Gebühren zahlen müssen, die wiederum Fluglinien zugute kommen, die auf neue Flieger setzen.
Zudem fordert Ofner den raschen Ausbau der Hochleistungsbahn über den Flughafen bis Bratislava."Hier gäbe es eine ganz massive Nachfrage. Es ist undenkbar, dass diese Bahn erst 2036 verfügbar ist", sagt er. Im Cargobereich soll eine neue Autobahnabfahrt Verbesserungen bringen.
Mehr CO2-Ausstoß durchs Fliegen
Was bleibt, ist aber der weltweit massiv zunehmnde Flugverkehr, der "außerhalb der Sphäre" des Flughafens liege. Laut aktuellen Zahlen des Verkehrsclub Österreich ist der CO2-Ausstoß von Flugzeugen seit 2007 um 12 Prozent gestiegen. Tendenz wohl weiter steigend. Auch Klimaschützer Wahlmüller betont, dass beim Flughafen der Flugverkehr den wesentlichsten Teil der Emissionen ausmache.
Das wird sogar auf der eigenen Firmenhomepage des Flughafens festgehalten. Dort heißt es, dass laut Untersuchungen auf Basis der Daten von 2015 der Flugverkehr mit 78 Prozent den größten Anteil an den CO2- Emissionen aufweist. "Von der Flughafen Wien AG direkt beeinflussbar sind rund 11 Prozent der CO2-Emissionen, wobei der Großteil auf die Energieversorgung entfällt. Insgesamt ergeben sich im Jahr 2015 CO2-Emissionen von 316.225 Tonnen", wird vermeldet.
Vorgaben für Luftfahrt
Laut dem Flughafen-Vorstand werde die Luftfahrtindustrie aber vielfach zu unrecht gescholten. Es gebe massive Bemühungen, klimaneutral zu wachsen. Er spricht damit etwa den europäischen Zertifikatehandel an. Zudem sollen Fluggesellschaften ab 2020 weltweit CO2-senkende Klimaschutzprojekte finanzieren, um die Emissionen zu kompensieren. Diese Vereinbarung ist aber bei Klimaschützern umstritten.
Geforscht werde zudem zu alternativen Antriebstechnologien. In Österreich würden laut Ofner durch die Ticketsteuer 70 Millionen Euro eingehoben, zudem müssen die Airlines CO2-Zertifikate kaufen.
Zertifikate für besseres Gewissen?
"Selbst, wenn morgen kein einziges Flugzeug starten würde, wäre das CO2-Problem nicht gelöst", ist Ofner überzeugt. Die Luftfahrt wäre weltweit nur für 2,7 Prozent der durch den Verkehr verursachten CO2-Emissionen beim Verkehr verantwortlich. In Österreich gar nur für 0,2 Prozent.
Die Mitarbeiter selbst sollen übrigens mit gutem Beispiel vorangehen. Alle Dienst-Flüge sollen mit dem Kauf von CO2-Zertifikaten kompensiert werden.
Diese Möglichkeit stehe übrigens allen Passagieren offen. Nutzen tut dies nicht einmal ein Prozent. Allerdings gibt es zuletzt vermehrt den Trend, auf das Fliegen zu verzichten. Für Klimaschützer sinnvoll. "Ein Kilometer mit dem Flugzeug ist 30 Mal so schädlich wie ein Kilometer mit der Bahn", meint Wahlmüller von Global 2000.