100 Jahre Spratzern: Vom Bauerndorf zum gewerblichen Stadtteil
Von Sophie Seeböck
Jeder, der sich der Landeshauptstadt von Süden nähert, kennt Spratzern. Den Stadtteil mit vielen Betrieben, direkt an der A1, der Traisentalbahn und auch der Traisen gelegen.
Vor 100 Jahren – als Spratzern noch eine selbstständige Gemeinde war – fand man hier statt Industrie aber Bauernhöfe. Dass sich das einstige Dorf seit der Eingemeindung durch die Stadt St. Pölten zu einem Zentrum für Betriebsansiedelungen entwickelt hat, ist auf die weitläufigen Flächen und gute Verkehrsverbindung zurückzuführen. Immerhin erfolgte bereits 1877 die Anbindung an die Eisenbahn.
Bewegte Geschichte
Die ersten Siedler, vermutlich Bajuwaren, dürften das heutige Spratzern um das Jahr 900 bevölkert haben. Der Ortsname wird auf „spratz“ – von spritzend oder sprühend – zurückgeführt. Ob damit auf die Stromschnellen der Traisen oder auf Siedler aus dem Spratztal in der Buckligen Welt hingewiesen wird, lässt sich nicht eindeutig sagen.
Lange Zeit unterstand ein Großteil der Gehöfte und Häuser der Grundherrschaft des Chorherrenstifts St. Pölten. Mit der Abschaffung der Leibeigenschaft wurde Spratzern 1850 eine eigene Gemeinde, zu der damals auch Teufelhof, Pummersdorf, Nadelbach, Hafing und Schwadorf gehörten.
Kriegsgefangene und Eisenbahn
Große Veränderungen für das Ortsbild, aber auch die Bevölkerungsstruktur brachten die beiden Weltkriege. Im Ersten Weltkrieges fristeten rund 50.000 meist russische Kriegsgefangene hier ihr Dasein. Auf dem ehemaligen Lagerareal siedelten sich dann Eisenbahner und ihre Familien an und das Weichenwerk Wörth entstand. „Dadurch wurde aus einem Bauerndorf ein Stadtteil mit überwiegend proletarischer Bevölkerung“, so eine Aussendung der Stadt St. Pölten.
Mit dem Zweiten Weltkrieg begann der Bau der Autobahn sowie der Panzerkaserne und des Kriegsgefangenenlagers. Das aktuelle Ortsgebiet Spratzerns besteht seit 1972.
Zum 100-jährigen Jubiläum des Stadtteils findet eine Ausstellung im Sonderpostamt des BSV St. Pölten statt. Besuche sind am heutigen Freitag und Samstag von 14 bis 19 Uhr oder am Sonntag von 9 bis 13 Uhr möglich.
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