"Faires Verfahren" nach Kampf gegen Bodenversiegelung in Krems
Von Sophie Seeböck
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Seit mittlerweile 14 Jahren setzt sich die "Interessensgemeinschaft der Bewohner Steindl/Langenloiserberg“ rund um ihre Vorsitzende Mathilde Prantz für einen Teilbebauungsplan und ein Mobilitätskonzept für ihre Wohngegend "Am Steindl" in Krems ein.
Entlang der kurvigen und engen Straße werden derzeit mehrere Wohnbauprojekte umgesetzt oder befinden sich noch in Planung. So soll der derzeit noch grüne Kraxenweg unter anderem einer Straße weichen. "Über 50 Prozent der Flächen von Am Steindl werden versiegelt. Aus Sorge um das Klima unserer Wohngegend und der Stadt, setzen wir uns dagegen ein", fasst Prantz ihre Beweggründe zusammen.
Kampf lohnte sich
Anfang des vergangenen Jahres machte sich die Hartnäckigkeit der Anwohner dann bezahlt, als sie im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses mit der Stadt Krems in Dialog treten konnten.
Anfang 2021 wurden rund 300 Haushalte zum Stadtteildialog zur Mobilität Am Steindl eingeladen.
In einem dreistufigen Prozess sollte die Expertise der Anwohnerinnen und Anwohner über verschiedene Beteiligungs-Module eingeholt werden. Am Dialog nahmen neben dem städitschen Amt für Stadt- und Verkehrsplanung auch das auf Bürgerbeteiligungen spezialisierte Büro "PlanSinn" und das Verkehrsplanungsbüro "Schneider Consult" teil.
1. Im Februar und März wurde eine Mobilitäts-Umfrage durchgeführt, an der 82 Personen teilnahmen.
2. Im März und April fanden drei digitale Workshops zu jeweils verschiedenen Themen statt, woran durchschnittlich jeweils 15 Personen teilnahmen. In den Workshops wurden die Ergebnisse der Umfrage vorgestellt, im Anschluss wurde das jeweilige Thema vertiefend diskutiert.
3. Abschließend folgten im Juni zwei Stadtspaziergänge, wobei die am Prozess beteiligten Experten bereits konkrete Gestaltungsmöglichkeiten präsentierten.
Die Ergebnisse des Stadtteildialogs stellen die Grundlage für die weitere fachliche und politische Arbeit dar. Die endgültige Entscheidung liegt bei der Stadt.
"Die Einladung dazu war überraschend. Überraschend schön war dann der Prozess", resümiert Mathilde Prantz, nun da die finalen Ergebnisse des Stadtdialogs präsentiert wurden.
Generell gab es vier zentrale Ergebnisse des Prozesses.
Standort Kraxenweg
Für die Gestaltung des unteren Kraxenweges wurde eine verschwenkte asphaltierte Fahrbahn, die zur Verlangsamung des Verkehrs beitragen soll, vorgeschlagen. Außerdem werden durch zahlreiche Grüninseln etwa 100 Quadratmeter Grünfläche gewonnen. Auch für die Radfahrer soll genügend Platz sein.
Laut dem Abschlussbericht der Stadt Krems wurde der neue Vorschlag als Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Plan der kompletten Asphaltierung angesehen. Viele hätten sich eine Aufhaltung der neuen Versiegelung gewünscht, doch noch im Beteiligungsprozess beschloss der Gemeinderat das Projekt. Ganz zum Unmut der Anrainer, die von einer "Pseudobeteiligung" sprachen, wie der KURIER berichtete.
Auf Wunsch der Bürger sollen auf den Grünflächen auch Sitzgelegenheiten aufgestellt werden. Als problematisch gelten für die Bürger aber die Ausfahrt Kraxenweg/Am Steindl.
Standort Kreuzung Kraxenweg/Steindlstraße
Auch für die neue Verkehrsorganisation der Kreuzungen im Stadtteil sowie die Stellplatzorganisation in den Straßen präsentierten die Planer Vorschläge.
So wird an der Kreuzung Kraxenweg/Steindlstraße beispielsweise vorgeschlagen, dass statt der bestehenden Vorrangregel die Rechtsregel eingeführt werden soll. Diese Handhabung werde auch für weitere Kreuzungen im Viertel angedacht, womit zu einer Verlangsamung des Verkehrs beigetragen wird.
In der Steindlstraße sollen Parkplätze wechselseitig auf der linken und rechten Straßenseite zu einer Verschwenkung der Straße führen. Die Stellplätze sollen markiert werden.
Anwohnerinnen-Parken
Einem Vorschlag der "AG Parken" zu Folge, sollen in Zukunft mehr Parkplätze "Am Steindl" für Anwohner reserviert sein. Momentan komme es oft zu Parkplatz-Engpässen durch parkende Schüler etc.
Gegen eine einmalige Gebühr von etwa 48 Euro erhalte laut dem Vorschlag jeder Haushalt zwei Berechtigungskarten für Parkplätze.
Standort Spiel- und Sportplatz Kraxenweg
Zur großen Freude von Mathilde Prantz wird die beliebte Sport- und Spielfläche Kraxenweg in Zukunft als Grünland gewidmet werden und somit dauerhaft vor Bebauung geschützt.
Ein Gestaltungsvorschlag der Serviceplattform "NÖ Gestalten" des Landes NÖ, sieht eine Verlangsamung des Verkehrs durch Verschwenkungen, sowie die Schaffung einer Begegnungszone vor.
Faires Verfahren
"Wir haben das Verfahren als sehr fair empfunden", resümiert Prantz durchaus positiv, nun da die finalen Ergebnisse präsentiert wurden. "Auch wenn aufgrund der Pandemie ältere Anwohner Schwierigkeiten mit den digitalen Workshops hatten, konnten wir viele Meinungen sammeln und einbringen und diese kontrovers diskutieren. Die Experten waren sehr aufgeschlossen gegenüber unserer Vorstellungen."
Ähnlich sieht man das auch bei der Stadt Krems: "Im Stadtentwicklungskonzept Krems 2030 ist Bürgerbeteiligung ein wichtiges Prinzip. Es ist nicht der einfachste Weg, Zukunft zu gestalten. Aber letztendlich lohnt es sich für alle Seiten", so Bürgermeister Reinhard Resch (SPÖ).
Neue Maßstäbe
Zwar gäbe es für Prantz auch bittere Punkte, wie zum Beispiel, dass es weitherin keine Temporeduktion auf der Langenloiserstraße gäbe. Dennoch hofft sie, dass dieser Bürgerbeteiligungsprozess Vorbild für Projekte in anderen Kremser Stadtteilen wird. "Ich hoffe dass wir hiermit einen Startpunkt für mehr Zusammenarbeit und Transparenz zwischen Stadt und Bürgern geschaffen haben."