Chronik/Burgenland

Winzer Scheiblhofer: Kalifornisches Flair im Seewinkel

Begonnen hat alles mit Essiggurkerln, einer Vision und einem „blöden Namen“. „Großer Hansl müsste der Wein bei uns heißen“, sagt Seniorchef Johann Scheiblhofer. Denn der Rotwein „Big John“ den die Winzer 2001 auf den Markt brachten, war eine Hommage an den Winzer.

Der Name sorgte für Aufregung. „Vor ein paar Jahren hatte ,Big John’ noch einen höheren Markenwert als das Weingut Scheiblhofer selbst“, sagt Winzer Erich Scheiblhofer. Sie kreierten einen neuen Weinstil für das Burgenland und die Visionen von Erich Scheiblhofer schufen auch ein wenig „Silicon Valley“-Flair im Seewinkel. Was sich auch im Weinkeller niederschlägt, der auf mehreren Ebenen Platz für Verkostungen bietet und in der Seitenansicht ein „S“ für Scheibelhofer bildet.

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Opulent

Es ist alles größer und opulenter – „es ist ein bisschen ,think big’ dabei“, sagt Scheibelhofer: „Wenn wir was machen, machen wir es gescheit und groß, weil wir es können.“ Der Erfolg des Weinguts gibt der Winzerfamilie recht.

Begonnen hat alles mit der Landwirtschaft in Andau. „Jeder Bauer hatte so zwölf bis 15 Hektar Grund, Weingarten hatten wir 0,2 Hektar für den Haustrunk“, sagt Johann Scheiblhofer. Essiggurkerl brachten das erste Geld – „und mir als 10-Jährigen und volle Arbeitskraft ein Eis am Nachmittag“, erinnert sich der 70-Jährige.

In den 90er-Jahren beschlossen sie, nur mehr Wein zu machen. „Entscheidend war, dass die zwei Jungen im Betrieb blieben“, sagt der Seniorchef. Die Jugend hatte freie Hand.

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Heute werden 85 Hektar Eigengrund bewirtschaftet. Die Winzer beschäftigen ständig 55 Mitarbeiter. „Früher gab es im Seewinkel nur Weiß- und Süßwein“, sagt Scheiblhofer. Doch der „Big John“, ein Cuvée aus dem kalifornischen Eichenfass mit der Großtrappe auf dem Etikett brachte den Durchbruch. „Viele kritisieren, dass jeder Jahrgang gleich schmeckt, das nehme ich als Kompliment“, sagt Erich Scheiblhofer, der gemeinsam mit seinem Vater und Bruder im Weinkeller das Zepter führt: „Das geben wir nicht aus der Hand.“ Der gesamte Arbeitsprozess passiert am Weingut in Andau, „wir haben nichts ausgelagert“, sagt Scheiblhofer. Durch eine Fotovoltaik-Anlage ist die Produktion auch energieautark. „Bei der Lese geht es hier manchmal zu wie am Flughafen“, sagt der Winzer.

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Auch sonst ist immer Betrieb. Die Direktvermarktung ist den Scheiblhofers wichtig. „Das Weingut ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet und jeder kann unangemeldet kommen, um Wein zu kosten und kaufen“, sagt Scheiblhofer. Fünf Tage im Jahr ist geschlossen: Neujahr, Ostersonntag, Muttertag und 25. und 26. Dezember. „Der ,Big John’ ist selber hier unterwegs und begrüßt die Gäste, wir sind ein normaler Familienbetrieb“, erklärt Scheiblhofer.

Hotel

Für Frequenz am Hof sorgt auch die Eventlocation. Egal ob ein Empfang mit Sitzung der europäischen Agrarminister oder eine Luxusauto-Präsentation für jegliche Veranstaltung ist das Weingut gerüstet. Doch auch das nächste Projekt biete sich an – ein Hotel. Geplant ist ein Fünf-Sterne Resort auf etwa 8,4 Hektar. „Wir wollen neue Benchmarks setzen und neue Wege gehen“, sagt Erich Scheiblhofer.

Ob er noch zur Arbeit in Weingärten kommt? „Mein Einsatz beschränkt sich auf die Kontrolle und darauf den Überblick zu behalten.“

Sein Vater ist der Herrscher der Reben – aber auch er kommt kaum zur Arbeit etwa mit der Schere. Mit einer Ausnahme: „Ich mache noch immer den Weingarten, den wir damals schon für den Haustrunk hatten, den bewirtschafte ich allein und händisch“, sagt Johann Scheiblhofer: „Hier liegen, ja unsere Wurzeln.“