Jahrtausende alte Viren entdeckt
Der französische Forscher Jean-Michel Claverie, Genetiker an der Universität Aix-Marseille, warnt nun davor, dass die zunehmende Schmelze auch alte, konservierte Viren freilegen könnte. Diese "Methusalem-Mikroben" oder auch "Zombieviren" schlummern seit Tausenden von Jahren in den gefrorenen Böden. Claverie selbst hat vor zehn Jahren derartige Viren entdeckt und isoliert. Er leitete ein Team von Wissenschaftern, die 2014 lebende Viren in Proben aus dem Permafrost Sibiriens freilegten.
Die Forscher konnten zudem zeigen, dass die Erreger immer noch einzellige Organismen infizieren können, auch wenn sie seit Tausenden von Jahren eingefroren waren. "Die von uns isolierten Viren konnten nur Amöben infizieren und stellen keine Gefahr für den Menschen dar. Das bedeutet jedoch nicht, dass andere Viren, die derzeit im Permafrost eingefroren sind, nicht möglicherweise Krankheiten beim Menschen auslösen können", sagte Claverie aktuell gegenüber dem Guardian.
Spuren von Pocken- und Herpesviren gefunden
Vergangenes Jahr wurden weitere Untersuchungen veröffentlicht, die mehrere Virusstämme von sieben verschiedenen Standorten Sibiriens bestätigten. Eine der Proben war 48.500 Jahre alt. So seien etwa Spuren von Pockenviren und Herpesviren identifiziert worden, die bekannte Krankheitserreger beim Menschen sind.
Das Freilegen der Viren könnte laut Claverie beschleunigt werden, da etwa in Sibirien die Schmelze des Permafrosts zu neuen Nutzungen der Regionen führt. Durch das Verschwinden des arktischen Meereises sind beispielsweise riesige Bergbaubetriebe in Sibirien geplant, um Öle und Erze zu fördern. Dies würde wiederum zu weiteren Schäden der gefrorenen Böden führen.
Einatmen der Viren wäre katastrophal
So könnten große Mengen an Krankheitserregern freigesetzt werden. Werden sie von Menschen, etwa den Bergbauleuten, eingeatmet, könnte das laut Claverie katastrophal sein. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftern arbeitet er daher an einem Überwachungsnetzwerk, das frühe Fälle solcher Infektionen lokalisieren soll.
Darüber hinaus würde es Quarantäne und fachkundige medizinische Behandlung für infizierte Personen bereitstellen, um einen Ausbruch einzudämmen und zu verhindern, dass infizierte Personen die Region verlassen.
Man dürfe nicht unterschätzen, wie gut Eis konserviert, meint Claverie. Man könne etwa ein Joghurt in den Permafrost legen und es könnte 50.000 Jahre später noch essbar sein, meint der Wissenschafter. Und die eingefrorenen Viren hätten das Potenzial, Pandemien auszulösen. Sie werden laut Forscher Claverie viel zu wenig beachtet.
Kommentare