Neandertal-Varianten umfassen drei Gene
Im Zentrum dieser stehen dabei die drei sogenannten "Neandertal-Varianten" im Gen namens SCN9A, das an der Verarbeitung sensorischer Impulse beteiligt ist. Wer diese Varianten trägt, reagiert auf Schmerzen sensibler. Das Team maß für ihre Untersuchung die Schmerzschwelle von 1.963 Personen aus Kolumbien, die zuvor Reizen ausgesetzt worden waren. Dazu wurde analysiert, wie sie auf Hautstiche reagieren, nachdem sie zuvor mit Senföl Kontakt hatten.
Die Autoren fanden heraus, dass Probanden mit den drei Varianten beim Einstechen in die Haut nach vorheriger Senföl-Exposition schmerzempfindlicher reagierten, nicht jedoch bei Hitze oder Druck. Darüber hinaus wurde das Tragen aller drei Varianten mit einer höheren Schmerzempfindlichkeit in Verbindung gebracht im Vergleich zu Trägern einer Variante.
Studien-Erstautor Dr. Pierre Faux (Universität Aix-Marseille und Universität Toulouse) sagte: "Wir haben gezeigt, wie Variationen in unserem genetischen Code unser Schmerzempfinden verändern können, einschließlich der Gene, die der moderne Mensch von den Neandertalern übernommen hat. Die Gene sind jedoch nur einer von vielen Faktoren, zu denen auch die Umwelt, frühere Erfahrungen und psychologische Faktoren gehören, die das Schmerzempfinden beeinflussen".
➤ Mehr lesen: Die Neandertaler haben schon vor 70.000 Jahren gekocht
Höheres Schmerzempfinden bereits früher entdeckt
In früheren Forschungsarbeiten wurden drei Varianten des SCN9A-Gens - bekannt als M932L, V991L und D1908G - in sequenzierten Neandertaler-Genomen identifiziert und Berichte über eine höhere Schmerzempfindlichkeit bei Menschen, die alle drei Varianten tragen, gefunden. Bis zu dieser Studie war jedoch unklar, welche spezifischen sensorischen Reaktionen durch diese Varianten beeinflusst werden.
Die nun beteiligten Forschenden vermuten, dass die Neandertaler-Varianten sensorische Neuronen sensibilisieren, indem sie die Schwelle verändern, bei der ein Nervenimpuls ausgelöst wird. Sie spekulieren, dass die Varianten in Populationen mit einem höheren Anteil an amerikanischen Ureinwohnern häufiger vorkommen könnten.
Obwohl akuter Schmerz das Verhalten dämpfen und weitere Verletzungen verhindern kann, sind nach Ansicht der Wissenschafter weitere Forschungen erforderlich. Man müsse feststellen, ob das Tragen der Neandertal-Genvariante und eine größere Schmerzempfindlichkeit während der menschlichen Evolution von Vorteil gewesen sein könnten.
➤ Mehr lesen: Neandertaler waren Künstler und schnitzten Muster in Knochen
Was wir noch von den Neandertalern erbten
Das Genom der Neandertaler wurde vor 15 Jahren erstmals sequenziert. Seither haben Forscher immer mehr darüber erfahren, was wir von ihnen geerbt haben. Der heutige Mensch ist also das "Ergebnis der Kreuzung vor Zehntausenden von Jahren", heißt es in der Studie. Frühere Studien haben etwa gezeigt, dass Gene der Neandertaler die Form unserer Nasen beeinflusste.
"Schmerzempfindlichkeit ist eine wichtige Überlebenseigenschaft, die es uns ermöglicht, schmerzhafte Dinge, die uns ernsthaft schaden könnten, zu vermeiden. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Neandertaler empfindlicher auf bestimmte Arten von Schmerz reagierten, aber wir müssen noch weiter forschen, um zu verstehen, warum dies der Fall ist und ob diese spezifischen genetischen Varianten evolutionär von Vorteil waren.
Kommentare