„Es kommt keiner drumherum, mit Geld umzugehen“
Wissen Sie, wie viel Geld aktuell auf Ihrem Konto liegt? Kennen Sie verschiedene Anlageformen und haben Sie einen Plan für Ihre finanzielle Zukunft? Die Antworten auf diese Fragen weisen darauf hin, wie finanziell gebildet Sie sind. Warum Finanzbildung wichtig ist und wie Jugendliche heutzutage mit Geld umgehen, erzählt Prof. Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik und des Kompetenzzentrums für Finanzbildung an der WU Wien.
Wie steht es um die Finanzkompetenz der österreichischen Jugend?
Bettina Fuhrmann: In der PISA-Untersuchung hat man diese erhoben. Im Durchschnitt haben österreichische Jugendliche ganz gut abgeschnitten. Aber etwa 15 bis 20 Prozent wissen sehr sehr wenig über Finanzen und treffen schlechte Entscheidungen in puncto Geld.
Was kann ein Teil der Jugendlichen im Umgang mit Geld sehr schlecht?
Zu planen, den Überblick über seine Finanzen zu behalten und sich das Geld gut einzuteilen. Nicht nur kurzfristig, sondern vor allem langfristig haben sie keine finanziellen Pläne. Sie vergleichen Konditionen bei verschiedenen Bankprodukten und Finanzierungsangeboten zu wenig. Man muss dazu sagen: Das gilt aber auch für viele Erwachsene. Da gibt es einen Verbesserungsbedarf bei fast der Hälfte der Bevölkerung, um zum Beispiel auch mit Ausgaben warten zu können, um nicht in einen Konsumkredit zu geraten.
Genau jene steigen laufend. Verschulden sich auch immer mehr Jugendliche?
Ja. Wir haben uns in einer Studie die Verschuldungsabsicht bei Jugendlichen angesehen, die zirka 17 Jahre alt waren. Die Ergebnisse zeigen, dass sich zwei Drittel der Befragten bereits verschuldet haben. Die meisten haben sich Geld von Bekannten oder Freunden und Familie ausgeborgt, aber ein Teil hat sich schon bei Unternehmen verschuldet, um sich Kleidung oder elektronische Artikel leisten zu können.
Finanzbildung wird stark im Elternhaus geprägt. Wie wirkt sich diese aus?
Der im Elternhaus vorgelebte Umgang mit Geld und die Gespräche über Geld haben eine große Wirkung auf Kinder und Jugendliche. Ist das Vorbild beispielsweise abschreckend, verhalten sich Jugendliche später anders. Zum Beispiel wenn Eltern extrem sparsam sind, kann das im Alter zum Gegenteil führen und die Jugendlichen schmeißen das Geld beim Fenster hinaus.
Welchen Einfluss hat Social Media bei der Finanzbildung?
Social Media spielt eine ganz große Rolle. Vor allem, wenn in Familien nicht über Geld gesprochen wird (und auch nicht in der Schule) orientieren sich Jugendliche an Social Media, Werbeaussagen und Freunden. Nur leider gibt es auf Social Media auch viel unseriöse Information. Und wenn einem dann Finanzwissen fehlt, tappt man in die ein oder andere Falle.
Warum ist Finanzbildung so wichtig?
Zunächst kommt keiner drumherum, mit Geld umzugehen. Es geht darum, dass man die eigenen Einnahmen und Ausgaben planen kann. Dass ich auch weiß, was kann und was will ich mir leisten und was es wirklich kostet. Die laufenden Kosten für Mobilität, zum Beispiel ein Auto, werden meist stark unterschätzt. Oder zu wissen, wie ich mir etwas auf die Seite legen kann und mit welchen Chancen und Risiken diese Optionen verbunden sind.
Braucht es in der Schule das Fach „Finanzbildung“?
Ein Fach, in dem man sich auf das Verstehen von wirtschaftlichen Zusammenhängen, auf verantwortungsvolles wirtschaftliches Denken und Handeln sowie auf die finanziellen Aspekte des Wirtschaftens konzentrieren kann, macht für jeden Sinn, weil wir alle wirtschaften – und über 80 Prozent der in der jüngsten Ö3 Jugendstudie Befragten wünschen sich so ein Fach.
Kommentare