Alarmstufe Rot: Wie die BOKU gegen das Störsterben ankämpft
Er konnte bis zu sechs Meter lang, bis zu einer Tonne schwer und bis zu 100 Jahre alt werden. Der zu den Stören zählende Hausen war der größte existierende Süßwasserfisch. Heute ist er in der oberen und mittleren Donau ausgestorben. Das Schicksal droht auch anderen: Alle der weltweit verbliebenen 25 Störarten sind bedroht, zwei Drittel stehen vor dem Aussterben. „Es sind, evolutionär gesehen, sehr alte Fische, sie existieren seit über 200 Millionen Jahren“, sagt Jakob Neuburg, Leiter des Projekts „MonStur (Monitoring Sturgeons) in the Danube“ an der BOKU University. „Will man die Störe im Donauraum schützen , ist es nötig, ihre Lebensraumansprüche genau zu verstehen.“
Gemeinsames Vorgehen
Für MonStur haben sich neun Länder entlang der Donau zusammengeschlossen. Neben WWF und ICPDR (International Commission for the Protection of the Danube River) ist die BOKU University ein weiterer Projektpartner aus Österreich in dem vom Interreg Danube Region Programme und BMLUK kofinanzierten Projekt. „Es besteht aus drei Teilen“, so Neuburg.
„Mit MonStur haben wir die Chance, das erste wirklich gemeinsame Monitoringsystem im Donauraum zu etablieren.“
Störe sind wandernde Fische.
Viele Arten leben im Meer und ziehen zum Ablaichen die Flüsse entlang. „Die Korridore, die sie dafür benötigen, sind extrem lang – es gibt Störarten, die vom Schwarzen Meer 2.500 Kilometer gewandert sind“, erzählt der Hydrobiologe. „Durch den Bau von Kraftwerke, durch Schifffahrt und Flussbegradigungen wurden die Wege zerstört.“ Zwar spielt auch Überfischung eine Rolle, aber wesentlich ist vor allem, dass die Tiere keine idealen Bedingungen mehr vorfinden. „Für das Ablaichen benötigen sie schnell fließendes Wasser und das richtige Substrat“, so Neuburg. „Die frisch geschlüpften Larven brauchen wieder andere Lebensbedingungen – die Ansprüche sind also je nach Lebensstadium sehr divers und das muss ein Fluss hergeben.“
Das erklärte Ziel von MonStur ist, die Habitate des Störs zu schützen, sodass sie nicht mehr angreifbar sind – und ihm so seine Räume für die Zukunft zu sichern. “
Genau erfassen
Der Habitatverlust und die Wanderbarrieren haben dazu geführt, dass Störe sich nicht mehr in dem Maße reproduzieren, wie es nötig wäre, um ihre Gefährdung auszuschließen. Im ersten Teil des Projekts MonStur wird daher von der BOKU University eine grenzüberschreitende Datenbank aufgebaut. „Bisher gab es einzelne Monitoring-Projekte von verschiedenen Institutionen“, erzählt Jakob Neuburg. „Unser Ziel ist es nun, ein Werkzeug zu schaffen, das über die Projektlaufzeit hinaus Bestand hat und künftige Generationen von Forschenden und Entscheidungsträgern beim Schutz der Störe unterstützt.“ Aktuell werden die in der Donau lebenden Tiere gefangen, vermessen und gechipt, damit die Forscher*innen einen Überblick erhalten, wie es um die Populationen steht. Anhand von Wiederfangmodellen kann auf die Überlebensrate sowie Populationsgröße geschlossen werden. „In Österreich gibt es zwei Populationen: Die obere kommt bei Jochstein vor, da wissen wir, dass sie sich noch selber reproduzieren“, so der Wissenschafter. „Von der Population, die unterhalb des Kraftwerks Freudenau lebt, haben wir dafür bislang keinen Nachweis.“ Durch das Monitoring sollen Wissenslücken geschlossen werden.
Weitere Vorgangsweise
In einem zweiten Schritt werden Stakeholder wie Administration, Wasserkraft und Schifffahrt miteinbezogen. „Es müssen alle zusammengeholt werden, um gemeinsam zu erarbeiten, was jeder tun kann, um die Störe zu schützen“, fasst Jakob Neuburg zusammen. Im dritten Teil des Projekts MonStur ist die BOKU University wieder maßgeblich involviert. Aktuell ist wenig darüber bekannt, welche Lebensräume Störe nützen. „Wir werden mit Echoloten die Flussböden kartografieren, um zu erkennen, wie diese aussehen, damit die Störe sie als Habitat nützen“, so der Wissenschafter. „Dadurch hoffen wir, neue Bereiche zu finden, aber auch zu wissen, welche Teile der Donau geschützt werden müssen.“ Nur so können die Tiere vor dem Aussterben gerettet werden. „Das ist wichtig, da Störe eine Schirmart sind“, fasst Jakob Neuburg zusammen. „Geht es ihnen gut, geht es auch vielen anderen Lebewesen gut, da sie so viele unterschiedliche Lebensräume benötigen.“
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