Die verborgene Vielfalt: Queere Lebensweisen bei Tieren und Pflanzen aufgedeckt

Zwei Giraffen verbiegen ihre Hälse. Man sieht ihre Rücken.
Männlich, weiblich – und alles dazwischen: Josh L. Davis schreibt über Verhaltensweisen und Vorurteile.

Zusammenfassung

  • Josh L. Davis untersucht in seinem Buch 'Queer' nicht-heteronormative Verhaltensweisen bei über 30 Tier- und Pflanzenarten.
  • Wissenschaftler haben in der Geschichte queeres Verhalten bei Tieren oft ignoriert oder umgedeutet, was Davis in seinem Buch thematisiert.

Die Morphofalter, wunderbar schimmernde Schmetterlinge, manche längs der Mittellinie geteilt: die eine Seite des Flügelpaars ist männlich, die andere weiblich.

Die Masken-Papageifische, anfangs Weibchen, im Alter Männchen.

Die männlichen Giraffen, homosexuell. Sie schlingen die Hälse umeinander. So beginnt der Sexualakt.

Im Buch „Queer“ beschäftigt sich Josh L. Davis mit „Sex und Geschlecht in der Welt der Pflanzen und Tiere“. Wie er es sich im Vorwort erhofft, stellt „Queer“ so manches auf den Kopf, was einst in den Schulen gelehrt wurde. „Die Mehrheit der Tiere – und viele Pflanzen – da draußen leben höchstwahrscheinlich ein weit weniger heteronormatives Leben, als wir glauben“, schreibt der Wissenschaftsautor, der sich mit Biologie und Naturschutz auseinandersetzt.

Davis verwendet für seine Beschreibungen von Tieren und Pflanzen Wörter, wie wir sie für die Beschreibung von Menschen benutzen: lesbisch, schwul, queer. Damit lässt sich einiges leichter einordnen – bei mehr als 30 vorgestellten Tieren und Pflanzen ist das nützlich.

Umgedeutet, abgewertet

Schon bald in „Queer“ ist Josh L. Davis – er arbeitet im Natural History Museum – bei der Frage angelangt, warum so viele Forschergenerationen das alles nicht gesehen und beschrieben haben. Und man ist mittendrin in der Wissenschaftsgeschichte.

Schwules oder lesbisches Verhalten durfte einfach nicht sein, ist nicht selten die Antwort. „Queeres Verhalten war schwierig zu identifizieren, weil es umgedeutet oder verbal abgewertet wurde“, schreibt Davis. Forscher fanden andere Erklärungen für das Verhalten, oder das Wissen wurde einfach nicht mit der Öffentlichkeit geteilt.

Ein Beispiel veranschaulicht das gut: Bei der Terra-Nova-Expedition verbrachte George Murry Levik im Jahr 1911 drei Monate in der Kolonie der Adeliepinguine in Kap Adare.

Zwei Pinguine stehen im Eis und umarmen einander.

Adeliepinguine in der Antarktis zu Hause. 

Er protokollierte auch gleichgeschlechtlichen Sex unter den Vögeln. Doch das sollte, anders als die anderen Beobachtungen, nie für die Öffentlichkeit gedruckt werden. Lediglich 100 Exemplare – gedacht für einen exklusiven Kreis – enthielten diesen Abschnitt. Sie wurden 100 Jahre später wiederentdeckt – zwischen den Seiten eines anderen Buchs – und publiziert. Ganz öffentlich.

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