Ostern: Neuer Fund bringt Licht in altes Terminfindungsproblem

German Easter tradition
Historiker fand während U-Bahn-Fahrt online ägyptisches Berechnungsmodell für das Osterfest.

Wann feiern wir das Osterfest? Die Beantwortung dieser Frage plagt die Menschheit seit es Ostern gibt, denn das Fest hat kein fixes Datum, sondern Regeln, nach denen sich der Termin errechnen lässt. Ausgerechnet während einer U-Bahn-Fahrt machte der Historiker Christian Gastgeber einen Fund, der erklärt, warum sich in der Westkirche ab 532 n. Chr. ein ägyptische Berechnungsmodell für Ostern durchsetzte. Der Forscher sieht darin einen "Sensationsfund".

Ostern war im Mittelalter Fixpunkt und Problem im Kalender. Dies ging sogar so weit, dass in benachbarten Gegenden zu unterschiedlichen Zeitpunkten Ostern gefeiert wurde, je nach lokalem Berechnungsmodell. Im Auftrag Roms sollte im sechsten Jahrhundert der Gelehrte Dionysius Exiguus eine einheitliche Lösung finden. Dafür wandte er sich an die damals führenden alexandrinischen Gelehrten in Ägypten, die ihm Material lieferten. Bis vor kurzem war zwar bekannt, dass der Gelehrte das Material übernahm und die Osterberechnung damit vereinfachte, aber nicht, wie dies aussah. Bis Christian Gastgeber vom Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eines Tages in der Wiener U-Bahn saß und das fehlende Puzzleteil beim Scrollen durch digitale Archive fand.

"Kleine, hässliche Handschrift"

"Ich möchte die Zeit in der U-Bahn gerne vernünftig nutzen und deswegen stöbere ich dann immer gerne in Onlinedatenbanken von Archiven und Bibliotheken", so der Historiker gegenüber der APA. Auf einer dieser Fahrten dann der Fund: ein handschriftlich in Griechisch verfasstes Dokument, das neben einer Ostertermintabelle auch noch weitere Informationen zu Berechnungsmethoden enthielt. "Unter einem Schatz stellt man sich ja eine illuminierte Handschrift in Goldtinte mit schönen Zeichnungen vor. Das aber war eine kleine, hässliche Handschrift, noch dazu in einem schlechten Erhaltungszustand, auf die ich nur aufmerksam wurde, weil ich mir dachte, dass das etwas aus dem Osterfestbereich sein könnte", so Gastgeber.

Um das Original sichten zu können, musste er erst einmal nach Mailand in die Biblioteca Ambrosiana reisen, deren Direktor Federico Gallo nicht schlecht staunte, als Gastgeber ihm eröffnete, welchen "Schatz" er in seinem Haus beherbergte. Mit Gallos Unterstützung machte sich Gastgeber an die Entschlüsselung. "Die Handschrift las sich wirklich nicht einfach, da sie wahnsinnig viele Abkürzungen beinhaltete, die zu dieser Zeit offensichtlich Usus waren. Oft waren das nur irgendwelche Punkte und Striche in irgendeine Richtung in den Texten. Das Durcharbeiten war entsprechend mühsam, aber dann ergab es schließlich Sinn", wie Gastgeber erklärte.

Sensationeller Fund

Die in der Tabelle stehenden Ostertermine erwiesen sich als korrekt und mit den angegebenen Methoden auch nachrechenbar. "Natürlich gehorcht die Natur nicht der Mathematik. Innerhalb der Geschichte wandern die Termine immer ein bisschen, denn unsere Berechnungsgrundlagen sind nur Annäherungszahlen. Innerhalb von zehn bis 30 Jahren macht das nichts, bei 100 dann aber schon", so Gastgeber. Dennoch herrschte das ägyptische Berechnungsmodell bis zur Reform des Julianischen Kalenders im 16. Jahrhundert vor.

Was macht Gastgebers Fund dann aber so sensationell? "Die westliche, lateinische, von Rom unterstützte Osterberechnung stellt sich jetzt auf ein neues Bein. Jetzt wissen wir, wie genau das Modell ausgesehen hat und was man dann im Westen neu gemacht hat. Wir arbeiten bei uns am Mittelalterinstitut in der sogenannten Komputistik, der Osterfestberechnung, jetzt interdisziplinär weiter, zum Beispiel hinsichtlich darauf, wie sich das auf das Leben des mittelalterlichen Menschen ausgewirkt hat", so der Historiker.

Rund um Ostern veröffentlichte man nun die ersten Forschungsergebnisse, die Gastgebers historisches Osterei aus der U-Bahn ermöglicht hat, im "Journal of Byzantine Studies" im Verlag der ÖAW.

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