Studie: Mütterliches Übergewicht begünstigt Fettleber bei Nachkommen

Kinder übergewichtiger Mütter entwickeln selbst bei gesunder Ernährung Stoffwechselkrankheiten.
Von Elaine Poet
Forschende der Universität Bonn haben bei Mäusen entdeckt: Wenn trächtige Tiere stark übergewichtig sind, bekommen ihre Nachkommen häufig nach der Geburt eine Fettleber. Selbst dann, wenn sie sich gesund ernähren. Noch ist unklar, ob die Ergebnisse eins zu eins auf den Menschen übertragbar sind.
Der Grund liegt in der Leber der Jungtiere. Genauer gesagt: in den sogenannten Kupffer-Zellen (Anm: benannt nach Karl Wilhelm von Kupffer). Diese speziellen Immunzellen gehören zu den Makrophagen – eine Art körpereigene Fresszellen, die auch im menschlichen Organismus eine wichtige Rolle spielen. Während der Embryonalentwicklung wandern sie in die Leber ein und bleiben dort dauerhaft. Dort verdauen sie nicht nur überalterte Zellen, sondern beeinflussen auch, wie Leberzellen arbeiten.
Ein Dirigent in der Leber
„Die Kupffer-Zellen übernehmen aber auch die Rolle eines Dirigenten“, erklärt Prof. Dr. Elvira Mass vom LIMES-Institut der Universität Bonn. „Sie instruieren die Leberzellen um sie herum, und bestimmen, was diese zu tun haben. Sie sorgen so dafür, dass dieses zentrale Stoffwechsel-Organ seine vielfältigen Aufgaben korrekt erfüllen kann.“
Diese Dirigenten-Funktion wird durch die Fettleibigkeit der Mutter gestört. „Wir konnten zeigen, dass die Nachkommen übergewichtiger Muttertiere häufig kurz nach der Geburt eine Fettleber entwickelten“, erläutert Mass‘ Mitarbeiter Dr. Hao Huang. „Und zwar selbst dann, wenn sich die Jungtiere ganz normal ernährten.“
Forschende können molekulare Umprogrammierung stoppen
Der Grund: Die Kupffer-Zellen der Nachkommen wurden bereits im Mutterleib umprogrammiert. Sie gaben veränderte molekulare Signale an die Leberzellen ab. Mit dem Effekt, dass diese vermehrt Fette aufnahmen. Ausgelöst wurde diese Umstellung durch die Stoffwechselprodukte der Mutter, die in den Kupffer-Zellen einen molekularen Schalter betätigten. „Bei diesem Schalter handelt es sich um einen sogenannten Transkriptionsfaktor“, sagt Mass. „Er steuert, welche Gene in den Kupffer-Zellen abgelesen werden.“
In der Studie konnten die Forschenden diesen Schalter bei trächtigen Mäusen gezielt entfernen: Die Nachkommen entwickelten keine Fettleber. Ob sich daraus ein Ansatzpunkt für neue Medikamente ergibt, ist noch offen. Weitere Untersuchungen sollen das klären.
Langfristige Folgen: Von Fettleber bis Krebsrisiko
Der überaktive Zustand der Kupffer-Zellen hat weitreichende Folgen. Die Leber verfettet, entzündet sich, immer mehr Leberzellen sterben ab und werden durch Bindegewebe ersetzt. Das kann zu einer Fibrose führen – eine Erkrankung, bei der die Leber ihre Funktion zunehmend verliert. Auch das Risiko für Tumore steigt.
„Es wird immer deutlicher, dass viele Erkrankungen des Menschen bereits sehr früh im Laufe der Entwicklung entstehen“, sagt Mass. Die Studie sei eine der wenigen, die im Detail einen Weg aufklären konnte, auf dem das geschieht.
Die Studie ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen. Beteiligt waren neben der Universität Bonn auch das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie Forscherteams der Universitäten Wien, Gent und Shanghai.
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