Spinale Muskelatrophie: Wirkstoff zeigt deutliche Verbesserung bei Erwachsenen

Bisher widmeten sich Studien zu SMA vor allem Kindern, weniger Erwachsenen.
Ein österreichweites Forschungsteam unter Leitung der MedUni Wien konnte erstmals in einer groß angelegten Beobachtungsstudie zeigen, dass der Wirkstoff Risdiplam bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit 5q-assoziierter Spinaler Muskelatrophie (SMA) zu einer deutlichen Verbesserung der motorischen Fähigkeiten führt.
SMA ist eine seltene, erblich bedingte Erkrankung des Nervensystems. Sie entsteht durch Veränderungen im sogenannten SMN1-Gen, das normalerweise ein Eiweiß produziert, das für das Überleben der motorischen Nervenzellen im Rückenmark unverzichtbar ist. Fehlt dieses Eiweiß oder wird es nicht in ausreichender Menge gebildet, sterben die Nervenzellen nach und nach ab. In der Folge werden die Muskeln zunehmend schwächer, was zu Schwierigkeiten bei Bewegungen, beim Sitzen, Gehen, Schlucken oder sogar beim Atmen führen kann. Je nach Alter beim Krankheitsbeginn und Schweregrad wird zwischen verschiedenen Typen unterschieden: Während die schwersten Formen bereits im Säuglingsalter auftreten und rasch fortschreiten, beginnt die mildeste Form erst im Erwachsenenalter und verläuft deutlich langsamer.
Nachweisbare Verbesserungen bereits nach wenigen Monaten
Frühere Zulassungsstudien hatten überwiegend Kinder berücksichtigt. An dieser Studie nahmen 57 erwachsene Personen mit genetisch bestätigter SMA teil, die zuvor keine krankheitsmodifizierende Behandlung erhalten hatten. Über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten wurden ihre motorischen Funktionen regelmäßig anhand etablierter klinischer Skalen erfasst. Bereits nach wenigen Monaten zeigten sich nachweisbare Verbesserungen, die auch nach 18 Monaten und länger bestehen blieben.
„Dass wir nicht nur eine Stabilisierung, sondern sogar eine klinisch bedeutsame Verbesserung bei Patientinnen und Patienten mit SMA beobachten konnten, ist ein bemerkenswerter Befund“, erklärt Hakan Cetin von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien, Mitautor der Studie. „Gerade bei einer Erkrankung wie der SMA, bei der Patientinnen und Patienten im natürlichen Verlauf kontinuierlich Fähigkeiten verlieren, ist dieser Effekt von besonderer Bedeutung.“
Neue therapeutische Perspektive
Auch Omar Keritam von der Universitätsklinik für Neurologie, Erstautor der Studie, hebt die Bedeutung der Resultate hervor: „Bisher gab es keine belastbaren Daten zur Wirksamkeit von Risdiplam bei Erwachsenen. Unsere Arbeit zeigt erstmals auf Basis von real-world Daten, dass Patientinnen und Patienten nicht nur stabil bleiben, sondern tatsächlich funktionell besser werden können. Damit eröffnet sich für viele Betroffene eine völlig neue therapeutische Perspektive.“
Risdiplam ist seit 2021 in Europa für alle Altersgruppen zugelassen. Die nun veröffentlichte Untersuchung stellt die weltweit erste multizentrische Beobachtungsstudie dieser Größenordnung bei erwachsenen SMA-Betroffenen dar. Sie wurde an acht neuromuskulären Zentren in Österreich durchgeführt.
Kommentare