Softdrinks erhöhen Depressions-Risiko – vor allem bei diesem Geschlecht

Vier Personen stoßen mit Gläsern voller Cola und Eiswürfeln an.
Bitterer Beigeschmack: Laut neuen Forschungen aus Deutschland können zuckrige Getränke auch auf die Stimmung schlagen. Insbesondere bei Frauen. Was steckt dahinter?

Sie kommen in knallfarbenen Verpackungen daher, sind in allen Supermärkten zuhauf verfügbar – und zuckersüß: Softdrinks sind bekanntermaßen alles andere als gesund. Konsumiert man sie häufig, kann das Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und mitunter auch Krebs begünstigen.

Immer öfter legen Studien auch negative Effekte auf die Psyche nahe. Bislang war jedoch weitgehend unklar, ob zwischen dem Trinken von Limonaden und beispielsweise dem Auftreten von Depressionen lediglich ein Zusammenhang besteht, oder ob der Konsum der psychischen Erkrankung tatsächlich Vorschub leistet – und welcher Mechanismus potenziell dafür verantwortlich ist.

Zuckerhaltige Getränke beeinflussen die Psyche wohl über den Darm

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, analysierten Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung Daten der "Marburg Affective Disorders Cohort Study" (MACS). Dabei handelt es sich um eine groß angelegte, deutschlandweite Langzeitstudie, die neurobiologische Grundlagen und Verläufe affektiver Störungen, insbesondere der Depression, untersucht.

Für die aktuelle Erhebung untersuchte man Erwachsene im Alter zwischen 18 bis 65 Jahren, die zwischen 2014 und 2018 aus der Allgemeinbevölkerung und der Primärversorgung rekrutiert wurden. Die Forschenden schlossen insgesamt 932 Personen ein, von denen 405 Patienten mit einer schweren depressiven Störung und 527 gesunde Kontrollpersonen waren.

Die Analysen, die nun im Fachblatt JAMA Psychiatry veröffentlicht wurden, zeigten einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Softdrinks und sowohl der Diagnose einer Depression als auch der Schwere der Symptome. Dieser Zusammenhang war bei Frauen besonders ausgeprägt: Bei ihnen war ein hoher Konsum mit einer um 17 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für eine Depression und ausgeprägteren Beschwerden verbunden.

Veränderungen im Mikrobiom als Schlüsselfaktor 

Wie könnte dieser Effekt zustande kommen? Auch hierfür liefert die Studie eine mögliche Erklärung: Bei Frauen, die regelmäßig zuckerhaltige Softdrinks tranken, fanden die Fachleute eine deutlich erhöhte Anzahl von Bakterien der Gattung Eggerthella im Darm. Frühere Studien hatten gezeigt, dass Eggerthella bei Menschen mit Depressionen häufiger vorkommt. Die aktuelle Studie liefere damit den ersten überzeugenden Beleg dafür, dass dieses Bakterium möglicherweise eine vermittelnde Rolle spielt – als biologische Verbindung zwischen dem Konsum von Softdrinks und der Entwicklung depressiver Symptome, heißt es. 

"Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Softdrinks und depressiven Symptomen durch den Einfluss des Mikrobioms zustande kommt", wird Studienleiterin Sharmili Edwin Thanarajah vom Universitätsklinikum Frankfurt und dem Kölner Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in einer Aussendung zitiert. 

Zuckerhaltige Getränke enthalten nicht nur Glukose und Fruktose, sondern auch zahlreiche Zusatzstoffe – darunter Konservierungsmittel und künstliche Süßstoffe. Diese Kombination kann das empfindliche Gleichgewicht im Darmmikrobiom stören. Entzündungsfördernde Bakterien werden genährt, während die Produktion schützender kurzkettiger Fettsäuren gehemmt wird. Tierversuche zeigen, dass solche Veränderungen Entzündungsprozesse im Nervensystem auslösen und damit depressives Verhalten verstärken können.

Auffällig sei laut den Forschenden der geschlechtsspezifische Zusammenhang: Bei Männern, die regelmäßig Softdrinks konsumierten, fand man weder einen Anstieg von Eggerthella noch einen Zusammenhang mit depressiven Symptomen. Warum dieser Effekt nur bei Frauen auftritt, ist unklar. Hormonelle Unterschiede oder geschlechtsspezifische Reaktionen des Immunsystems können eine Rolle spielen.

Mikrobiom für Therapien anvisieren?

Die Ergebnisse würden auch neue Perspektiven für Behandlungsansätze eröffnen, erklärt die Gruppe. Mikrobiom-basierte Ansätze – wie gezielte Ernährungstherapien oder Behandlungen mit speziellen Bakterienkulturen (Probiotika) – könnten in Zukunft dazu beitragen, depressive Symptome wirksam zu lindern.

Der Einfluss der Ernährung auf die psychische Gesundheit sollte jedenfalls stärker in Aufklärungskampagnen, Versorgungskonzepten und Präventionsprogrammen berücksichtigt werden.

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