Reizdarm: Wenn Hirn und Darm im Dialog sind

Reizdarm, auch das Reizdarmsyndrom genannt (RDS), ist keine Verlegenheitsdiagnose, sondern ein anerkanntes Syndrom mit vielschichtigen Ursachen und verschiedenen Therapieoptionen. Es betrifft viele Menschen, insbesondere Frauen. Die Symptome sind unspezifisch und vielfältig: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung wechseln sich oft ab. Da das Syndrom eine Ausschlussdiagnose ist, müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden – ein oft langwieriger Prozess, da keine zuverlässigen Biomarker zur Verfügung stehen.
Die Rolle der Hirn-Darm-Achse
Die Ursachen für das RDS sind noch nicht abschließend geklärt. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass gestörte Darmbewegungen, eine erhöhte Empfindlichkeit der Darmschleimhaut und psychische Faktoren eine Rolle spielen. Besonders die „Hirn-Darm-Achse“ – die enge Verbindung zwischen Gehirn und Darm – beeinflusst die Symptome erheblich. Stress, Angst oder andere psychische Belastungen können die Beschwerden verstärken. Dagegen gibt es keine belastbaren Hinweise, dass eine ungesunde Ernährung oder Pilzinfektionen ursächlich für das Syndrom sind.
Die Diagnose basiert auf den ROM-IV-Kriterien: Wiederkehrende Bauchschmerzen über mindestens sechs Monate, verbunden mit Stuhlveränderungen. Es gibt verschiedene Typen: den Durchfalltyp, den Verstopfungstyp, den Mischtyp sowie den Schmerz-/Blähtyp. Warnsignale wie nächtliche Durchfälle, Blut im Stuhl oder unerklärlicher Gewichtsverlust sollten jedoch immer ärztlich abgeklärt werden, da sie gegen RDS sprechen.
Die Therapie erfolgt individuell und umfasst allgemeine Maßnahmen wie eine Ernährungsanpassung, den Einsatz von Probiotika sowie symptomorientierte medikamentöse Behandlungen. Spasmolytika können kurzfristig helfen, während Antidepressiva insbesondere bei psychischer Komorbidität eine Rolle spielen. Eine der vielversprechendsten Behandlungsformen ist die Darm-Hypnosetherapie. Auch Entspannungstechniken und eine gute ärztliche Aufklärung tragen wesentlich zur Linderung der Beschwerden bei. Denn das Wichtigste ist: RDS ist zwar belastend, aber nicht gefährlich.
„Der Darm ist das zweite Gehirn – und beide kommunizieren intensiver, als wir denken. Wer den Reizdarm verstehen will, muss die enge Wechselwirkung zwischen Kopf und Verdauungstrakt berücksichtigen.“ Prof. Dr. Monika Ferlitsch
Zusätzlich spielen Bewegung und gezielte Stressbewältigung eine entscheidende Rolle. Studien belegen, dass Sportarten wie Yoga oder moderates Ausdauertraining helfen können, die Beschwerden zu reduzieren. Auch die Anpassung der Ernährung sollte individuell erfolgen.
Letztlich erfordert die Behandlung von RDS Geduld und eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient. Jeder Fall ist individuell, und oft ist es eine Kombination aus mehreren Maßnahmen, die die Symptome verbessert. Entscheidend ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Erkrankung – ohne Panikmache, aber mit einer fundierten und individuellen Herangehensweise.
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