Potenziell krebserregend: Lungenzellen reagieren bedenklich auf Mikroplastik

Joghurtbecher mit Heidelbeerjoghurt, Löffel und Deckel.
Gesunde Lungenzellen zeigen auffällige Reaktionen auf winzige Plastikpartikel – etwa aus Joghurtbechern. Das haben Forschende der MedUni Wien in einer aktuellen Studie nachgewiesen.

Bisher wusste man wenig darüber, wie kleine Kunststoffteilchen im Körper mit Zellen der Lunge in Kontakt treten. Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien konnte nun erstmals zeigen, dass Mikro- und Nanoplastikpartikel (MNPs) bösartige Veränderungen in Lungenzellen hervorrufen können. 

Die im Fachjournal Journal of Hazardous Materials veröffentlichte Studie weist auf bislang unbekannte Gefahren hin und verstärkt den Ruf nach einem entschiedenen Vorgehen gegen die Plastikflut.

Untersucht wurde konkret, wie Polystyrol-Mikroplastik mit verschiedenen Typen menschlicher Lungenzellen interagiert. Bei Polystyrol-Mikroplastik handelt es sich um einen Kunststoff, der sich in Alltagsprodukten wie Coffee-to-go-Bechern oder Joghurtverpackungen findet.

Das Ergebnis: Gesunde Lungenzellen nehmen besonders kleine Partikel mit einem Durchmesser von nur 0,25 Mikrometern deutlich stärker auf als Krebszellen und reagieren mit biologischen Veränderungen, die mit der Entstehung von Tumoren in Verbindung gebracht werden.

Frühe Hinweise auf potenziell krebserregende Prozesse

Nach Kontakt mit den Plastikpartikeln zeigten die gesunden Lungenzellen Anzeichen von DNA-Schäden, oxidativem Stress und einer verstärkten Zellmigration. Zudem wurden Signalwege aktiviert, die typischerweise das Zellwachstum fördern. Alles Prozesse, die in der Krebsforschung als frühe Vorstufen maligner Veränderungen gelten. "Besonders auffällig war die reduzierte Fähigkeit der gesunden Zellen, DNA-Schäden zu reparieren", erklärt Studienleiterin Karin Schelch. 

Während bösartige Lungenzellen unter denselben Bedingungen vergleichsweise unbeeinträchtigt blieben, könnte bei gesunden Lungenzellen schon eine kurzfristige MNP-Exposition ausreichen, um sie in eine Richtung zu beeinflussen, die mit malignen Veränderungen assoziiert ist. Auch körpereigene Schutzmechanismen wurden von den gesunden Zellen mobilisiert. "Die Zellen reagierten mit einer Aktivierung antioxidativer Systeme – ein Zeichen dafür, dass sie sich gegen den durch Mikroplastik ausgelösten Stress zu wehren versuchen", betont Erstautorin Büsra Ernhofer.

Lunge als  Einfallstor

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass besonders gesunde Lungenzellen bedenklich auf Mikroplastik reagieren, die Lunge ist schließlich einer der wichtigsten Wege, über die Mikroplastik aus der Luft in den Körper gelangen kann. Das wirft Fragen auf, ob und welchen Zusammenhang es zwischen Mikroplastik, Lungenerkrankungen und Krebs geben könnte. 

Die Studie legt laut den Forschenden dar, wie wichtig es ist, verschiedene Fachrichtungen wie Umweltmedizin und Krebsforschung zu verbinden. Mann betont, dass dringend etwas gegen Plastikverschmutzung getan werden müsse. Noch ist unklar, welche langfristigen Folgen Mikroplastik für die Lunge hat. Das muss weiter erforscht werden.

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