Liquid Biopsy: Tumorüberwachung über das Blut

Zusammenfassung
- Die Liquid Biopsy ermöglicht eine nicht-invasive Überwachung von Tumorerkrankungen durch Analyse von zellfreier DNA und RNA im Blut.
- Obwohl die Liquid Biopsy nicht für allgemeines Krebs-Screening geeignet ist, bietet sie bei Brustkrebs viele Anwendungsmöglichkeiten zur Früherkennung und Überwachung.
- Die Technologie ist speziell bei metastasiertem Brustkrebs entscheidend, da sie die Tumorentwicklung und genetische Veränderungen verfolgen kann.
Die Fortschritte in der Sequenzierung von Erbgutbestandteilen aus Blutproben bringen neue Möglichkeiten für die Onkologie. Die sogenannte Liquid Biopsy, die Flüssig-Biopsie, ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung von Tumorerkrankungen. "Die Liquid Biopsy gibt es schon seit einigen Jahren. Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr breit. Am besten eignet sich dazu Blutserum. Man kann darin viele einzelne Bestandteile identifizieren und analysieren. Bei Brustkrebs kann das Erbgut aus ganzen, im Blut zirkulierenden Tumorzellen (CTCs) sein, zellfreie DNA (cfDNA), RNA oder sogenannte Vesikel, die von Tumorzellen ausgeschieden werden", erklärt Zsuzsanna Bago-Horvath, Gynäkopathologin am Klinischen Institut für Pathologie der MedUni Wien/AKH anlässlich der bevorstehenden Internationalen St. Gallen Brustkrebskonferenz in Wien.
Pathologen waren lange Zeit auf Gewebeproben angewiesen, doch Untersuchungen aus Blutserum bieten eine schonendere Alternative. "Die nicht-invasive Natur dieses Zuganges erlaubt eine Analyse des Profils eines ganzen Tumors, gleichzeitig aber auch eine in Echtzeit ablaufende Überwachung der Effektivität von Therapien und das Identifizieren von Resistenzmechanismen, um in der Folge eine zielgerichtete Behandlung zu ermöglichen", so ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung von Bago-Horvath in der Fachzeitschrift "Molecular Oncology".
Liquid Biopsy und die Grenzen der Früherkennung
Anfangs entstand um die Technik ein starker Hype mit unrealistischen Erwartungen zur Früherkennung von Krebs. "Ausgangspunkt für eine nachfolgende Liquid-Biopsy-Untersuchung ist auch bei Brustkrebs oft eine Gewebeprobe, zum Beispiel aus einer Biopsie oder aus einer Tumoroperation", erklärt die Pathologin.
Es gibt bereits Tests, die Serumproben auf genetische Veränderungen in typischen Brustkrebsgenen wie AKT1, PIK3CA oder PTEN untersuchen. Doch für ein generelles Krebs-Screening bei gesunden Menschen ist die Methode nicht geeignet. Für Brustkrebspatientinnen hingegen gibt es immer mehr Anwendungsmöglichkeiten: Bei nicht-metastasiertem Brustkrebs (Stadium I-III) konnte eine regelmäßige DNA-Überwachung ein Fortschreiten der Krankheit mit einer Sensitivität von 86 bis 93 Prozent und einer Spezifität von 100 Prozent erkennen - im Durchschnitt elf Monate vor der Bildgebung oder klinischen Symptomen, berichten Wissenschaftler.
Fortschritte in der Brustkrebs-Nachsorge
Neue Studien, die bei der renommierten Brustkrebskonferenz in San Antonio (USA) vorgestellt wurden, zeigen, dass zellfreie Tumor-DNA im Blut oft gleichzeitig mit bildgebenden Verfahren nachweisbar ist. Dennoch kann die Liquid Biopsy eine wichtige Rolle in der Nachsorge spielen. "Untersuchte man Blutserum von Patientinnen auf zellfreie Tumor-DNA, zeigte sich, dass man zum Zeitpunkt, als die Flüssig-Biopsie Anzeichen für einen Rückfall erbrachte, diesen wohl auch bereits in der Bildgebung erkennen konnte, doch für die Nachsorge von Brustkrebspatientinnen kann die Liquid Biopsy trotzdem wichtig werden. Wir haben in Österreich eine sehr engmaschige Nachsorge für Patientinnen nach einem Mammakarzinom. Aber wenn man ihnen beispielsweise mit der Abnahme einer Blutprobe an ihrem Wohnort und der nachfolgenden Analyse im Labor etwa eine weite Fahrt bis zu einem Zentrum für Bildgebung (Sonografie, CT, MRT; Anm.) ersparen könnte, wäre das sicher ein Vorteil", betont Bago-Horvath.
Auch in Fällen unklarer Befunde aus der Bildgebung könnte eine Liquid Biopsy wertvolle Hinweise liefern. Nicht jede auffällige Struktur in einem CT oder MRT ist automatisch bösartig. Eine DNA-Analyse könnte helfen, unnötige invasive Eingriffe zu vermeiden.
Entscheidende Rolle bei metastasiertem Brustkrebs
Besonders wichtig wird die Methode bei der Behandlung von metastasiertem Brustkrebs. "Hier spielt diese Technik zunehmend eine entscheidende Rolle bei der Beobachtung der Entwicklung des Tumors.", erklärt die Wiener Pathologin. Die Technik erlaubt eine Quantifizierung der Tumorlast im Blut und hilft, genetische Veränderungen zu verfolgen. Brustkrebstumoren können im Laufe der Zeit Mutationen entwickeln, die sie gegen bestimmte Therapien resistent machen. Beispielsweise verlieren hormonabhängige Tumoren manchmal ihre Hormonrezeptoren und sprechen dann nicht mehr auf antihormonelle Therapien an, erläutert Bago-Horvath. Gleichzeitig können neue Mutationen wie HER2-Varianten entstehen, die alternative Therapieoptionen ermöglichen.
Die Liquid-Biopsy-Technologie entwickelt sich rasant weiter. Die Internationale St. Gallen Brustkrebskonferenz (12.-15. März) bringt bis zu 5.000 Experten nach Wien, um die neuesten Erkenntnisse zu diskutieren und gemeinsame Leitlinien zu entwickeln. Diese sollen nicht nur Fachkräften, sondern auch betroffenen Patientinnen eine fundierte Wissensgrundlage bieten.
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