Kein Anstieg der Selbstmorde in Deutschland trotz Pandemie
Ausnahmesituationen wie Kriege oder die Pandemie können Auswirkungen auf die Suizidrate haben: Auch in den vergangenen beiden Jahren gab es immer wieder Ängste, dass die Corona-Pandemie zu einem Anstieg von Selbstmorden führen könnte.
Dem war aber nicht so, wie eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt: Daten aus drei deutschen Bundesländern zeigen keinen Anstieg der Suizidrate. Das geht aus einer im Ärzteblatt veröffentlichten Untersuchung hervor, die den Zeitraum bis Ende 2021 betrachtet. (Hier können Sie die Studie auf Deutsch nachlesen.)
Die drei Wissenschafter aus Leipzig und Ulm hatten Daten zu Suizidfällen der polizeilichen Kriminalstatistiken von Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein im Zeitraum Januar 2017 bis Dezember 2021 untersucht.
Die Forscher schränken ein, dass die ausgewerteten Daten "als vorläufig zu betrachten sind und für die vorliegende Studie nur für drei Bundesländer im erforderlichen Umfang verfügbar waren".
"Historisch ist bekannt, dass wirtschaftliche Krisen, Epidemien oder andere Bedrohungsszenarien die Suizidraten der betroffenen Populationen beeinflussen", schreiben die Autoren. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sei daher eine Zunahme von Suiziden befürchtet worden.
Wer Suizid-Gedanken hat, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits das Sprechen über die Gedanken dabei, sie zumindest vorübergehend auszuräumen. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich an die Telefonseelsorge wenden: Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt Ärzte, Beratungsstellen oder Kliniken. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Depressionen betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge in Österreich kostenlos unter der Rufnummer 142.
Das neue österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at bietet Informationen zu Hilfsangeboten für drei Zielgruppen: Personen mit Suizidgedanken, Personen, die sich diesbezüglich Sorgen um andere machen, und Personen, die nahestehende Menschen durch Suizid verloren haben. Das Portal ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA des Gesundheitsministeriums.
Eine Analyse internationaler Daten aus den ersten Monaten der Pandemie hätten diese Annahme jedoch weitgehend widerlegt. "Studien aus Deutschland, die bislang nur kleinere regionale Populationen untersuchten, fanden ebenfalls keine auffällig erhöhten Suizidraten" schreiben die Studienautoren.
In ihrer eigenen Untersuchung werteten die Forscher nun Statistiken aus den drei Bundesländern mit rund elf Millionen Einwohnern aus. Demnach wurden bei Männern - über alle Altersgruppen hinweg betrachtet - in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 sogar etwas weniger Suizide registriert als in den drei Jahren zuvor. Allerdings war der Rückgang nicht statistisch signifikant.
Auch bei den Frauen gab es keine belastbare Veränderung der Suizidzahl. Zum Teil gab es bei Frauen wie bei Männern in den verschiedenen Altersgruppen relevante Zu- und Abnahmen der Suizidhäufigkeit, "die jedoch kein übergeordnetes Muster erkennen ließen", wie die Forscher schreiben.
Bei Kindern und Jugendlichen zeigte sich in der untersuchten Stichprobe ebenfalls keine erhöhte Suizidrate. Da in diesem Altersbereich vergleichsweise niedrige Suizidraten vorliegen, sind Anstiege aber schwer messbar, wie die Autoren der Studie betonten.
Eine Studie des Universitätsklinikums Essen hatte gezeigt, dass Versuche, sich das Leben zu nehmen, bei Jugendlichen zugenommen hatte: Festgestellt wurde eine Zunahme von Suizidversuchen bei Jugendlichen während des zweiten Corona-Lockdowns Ende 2020. Laut Daten von einem Fünftel der deutschen Kinderintensivstationen kam es zu einer dreifachen Zunahme der Suizidversuche bei Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren. (Hier können Sie die Studie auf Englisch nachlesen.)
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