Herzinfarkt bei Frauen: Erstmals eigene Empfehlungen für die Behandlung

Eine Frau greift sich ans Herz.
Obwohl die Unterschiede seit Jahren bekannt sind, wurden sie im klinischen Alltag bislang nur unzureichend berücksichtigt.

Zusammenfassung

  • Frauen zeigen oft andere Herzinfarktsymptome als Männer und benötigen eine angepasste Behandlung, wofür neue Empfehlungen veröffentlicht wurden.
  • Diese Empfehlungen betonen individuell dosierte Medikamente und die Nutzung der Handgelenksarterie bei Katheterinterventionen zur Verringerung des Blutungsrisikos.
  • Frauen sind in Herz-Kreislauf-Studien unterrepräsentiert, was die Notwendigkeit für eine geschlechtersensible Forschung und Versorgung unterstreicht.

Frauen zeigen bei einem Herzinfarkt oft andere Symptome als Männer – und brauchen daher auch eine gezielt angepasste Behandlung. Ein internationales Expertengremium unter der Leitung der MedUni Wien hat nun erstmals konkrete Empfehlungen für eine geschlechtersensible Therapie veröffentlicht. Obwohl die Unterschiede seit Jahren bekannt sind, wurden sie im klinischen Alltag bislang nur unzureichend berücksichtigt, wie die medizinische Universität am Montag mitteilte.

Frauen, die an einem akuten Koronarsyndrom (ACS) leiden, haben häufiger mit Blutungskomplikationen zu kämpfen – oft infolge nicht individuell angepasster Medikamentendosen oder risikoreicher Zugänge bei Katheteruntersuchungen. Die neuen Empfehlungen raten daher unter anderem dazu, blutgerinnungshemmende Medikamente wie Heparin und Plättchenhemmer nach Körpergewicht und Nierenfunktion zu dosieren. Um das Blutungsrisiko zu senken, sollte bei Katheterinterventionen bevorzugt ein Zugang über die Handgelenksarterie gewählt werden, da dieser mit weniger Komplikationen verbunden ist als der herkömmliche Zugang über die Leiste.

Spezielle Herzinfarktformen und hormonelle Einflüsse

Das akute Koronarsyndrom umfasst unterschiedliche Herzinfarktformen, bei denen die Durchblutung des Herzmuskels plötzlich eingeschränkt ist. Die neuen Empfehlungen widmen sich auch gezielt Herzinfarktformen, die fast ausschließlich bei Frauen auftreten. Im Vergleich zu Männern sind Patientinnen beim ersten Infarkt meist älter und leiden häufiger unter Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Nierenfunktionsstörungen. Zusätzlich beeinflussen hormonelle Veränderungen im Lebensverlauf – etwa durch Menstruation, Schwangerschaft oder Wechseljahre – das Blutgerinnungssystem und damit das Risiko für Blutungen oder Thrombosen.

Trotz dieser geschlechtsspezifischen Unterschiede sind Frauen in klinischen Studien zur Herz-Kreislauf-Medizin deutlich unterrepräsentiert. „Die Biologie von Frauen war in der kardiovaskulären Forschung lange unterbelichtet. Dieses Konsensus-Statement liefert eine fundierte Grundlage für eine geschlechtersensible Versorgung und ist ein Aufruf an die gesamte kardiologische Gemeinschaft, hier systematisch umzudenken“, erklärte Jolanta Siller-Matula von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien, die das Konsensus-Statement leitete.

Die Empfehlungen wurden in den Fachzeitschriften European Heart Journal und EuroIntervention veröffentlicht. Sie stammen von einem internationalen Gremium der European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) und der Arbeitsgruppe Thrombose der European Society of Cardiology (ESC).

Kommentare