Achselmessung ist out: So misst man Fieber heute richtig

Worried young mother sitting on sofa beside her sick son with high fever. Mom measures temperature using thermometer of sick child lying under blanket at home
Fieber ist bei Kindern ein häufiges Symptom und oft ein Grund zur Sorge. Eine neue Leitlinie für Eltern zum Fiebermanagement zeigt: Was gängige Praxis war, ist überholt.

Die neue Elternleitlinie, die im Zuge der aktualisierten S3 Leitlinie für Ärzte erstellt wurde, stellt ein Umdenken in Aussicht – weg von der reflexhaften Fiebersenkung, hin zu einem verantwortungsvollen, informierten Umgang mit einem ganz natürlichen Abwehrmechanismus des Körpers.

Fieber: Eine natürliche Reaktion des Körpers

Fieber ist eine normale und meist hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers gegen Krankheitserreger. Es reguliert die Körpertemperatur aktiv nach oben, um Viren und Bakterien weniger günstige Bedingungen zu bieten. Für gesunde Kinder und Jugendliche ist Fieber in der Regel nicht gefährlich. Als Fieber gilt eine Temperatur ab 38,5 °C bei Säuglingen unter drei Monaten bereits ab 38,0 °C.

Die neue Elternleitlinie macht deutlich: Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die Annahme, dass Fieber bei ansonsten gesunden Kindern schädlich ist. Viel wichtiger ist es, auf sogenannte Warnzeichen zu achten und das allgemeine Befinden des Kindes zu beobachten.

Warnzeichen ernst nehmen

Ein Arztbesuch ist dann ratsam, wenn folgende Symptome auftreten:

  • Bewusstseinsstörungen oder starke Benommenheit
  • Empfindlichkeit bei Berührung
  • Starke, anhaltende Schmerzen
  • Schrilles Schreien
  • Ein Hautausschlag, der sich nicht mit einem Glas "wegdrücken" lässt
  • Anzeichen von Austrocknung, etwa wenn seit über zwölf Stunden kein Urin abgegeben wurde
  • Atemnot oder sehr schnelle Atmung
  • Fieber länger als drei Tage
  • Fieber bei Säuglingen unter drei Monaten
  • Allgemeiner schlechter Zustand oder Unsicherheit der Eltern

In Notfällen sollte direkt der Rettungsdienst (144) kontaktiert werden.

Richtig Fieber messen – altersabhängige Empfehlungen

Nicht jedes Thermometer ist gleich zuverlässig – und nicht jede Messmethode für jedes Alter geeignet.

Bei Neugeborenen und Säuglingen bis zu einem Jahr wird die Temperatur am besten rektal, also im Po, mit einem Digitalthermometer gemessen. Dabei sollte die Spitze des Thermometers vorher gleitfähig gemacht werden, um Verletzungen zu vermeiden.

Für Kinder ab einem Jahr ist die Messung im Ohr mit einem Infrarot-Thermometer in der Regel ausreichend genau. Diese Methode hat den Vorteil, dass das Kind dafür nicht entkleidet werden muss. Auch bei Jugendlichen kann die Temperatur im Ohr verlässlich bestimmt werden.

Jugendliche können alternativ die Temperatur auch oral, also im Mund unter der Zunge, messen – allerdings nur, wenn der Mund zuvor nicht durch Essen oder Trinken beeinflusst wurde. Diese Methode ist fehleranfälliger.

Stirn- oder Schläfenthermometer liefern weniger genaue Ergebnisse, können aber ergänzend verwendet werden. Auf eine Messung unter der Achsel sollte bei allen Altersgruppen verzichtet werden – sie gilt als unzuverlässig.

Wann Medikamente notwendig sind – und wann nicht

Ein weit verbreiteter Irrtum: Fieber müsse grundsätzlich gesenkt werden. Die Leitlinie stellt klar: Fiebersenkende Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol sollten nur dann gegeben werden, wenn das Kind Schmerzen hat oder sich sichtbar unwohl fühlt. Wichtig ist, die Dosierung genau nach Anleitung einzuhalten.

Fiebersenkende Mittel sollten nicht vorsorglich zur Verhinderung von Fieberkrämpfen oder im Zusammenhang mit Impfungen eingesetzt werden. Auch ein Antibiotikum ist bei Fieber nicht automatisch notwendig – es hilft nur gegen bakterielle Infektionen und ist bei viralen Erkrankungen wirkungslos.

Unterstützung ohne Medikamente

Viel wichtiger als Medikamente sind Ruhe, Geborgenheit und ausreichend Flüssigkeit. Kinder sollten schlafen dürfen, wenn sie müde sind. Während der Fieberanstieg oft mit Frieren und Schüttelfrost einhergeht und das Kind entsprechend warm zugedeckt werden sollte, kann es bei hoher Körpertemperatur Erleichterung finden, wenn es nur leicht bedeckt ist – allerdings nur, wenn es das als angenehm empfindet. Eine gezielte Kühlung ist nicht notwendig und sollte nur eingesetzt werden, wenn das Kind sie wünscht.

Zurück in den Alltag – aber nicht zu früh

Auch wenn das Fieber gesunken ist, braucht der Körper Erholung. Kinder sollten erst dann wieder in den Kindergarten oder Schule gehen, wenn sie mindestens 24 Stunden fieberfrei sind und sich fit fühlen. Eine zu frühe Rückkehr in den Alltag kann den Genesungsprozess verzögern.

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